Arbeit = Fitness-Training fürs Gehirn ?

Die Versuchspersonen waren zwischen 60 und 64 Jahren alt: es ging um die Gedächtnisleistung. Zwei amerikanische Forscher baten um das Erinnern einer Liste von zehn Wörtern, und zwar sofort nach der Präsentation und noch einmal nach zehn Minuten.
Ihr Ergebnis war so trivial wie beeindruckend: Wer noch im Beruf stand, konnte die Begriffe deutlich besser erinnern, hatte also gewissermassen ein noch trainiertes, geschmiertes Gehirn verfügbar. Selbst auf ganze Nationenen konnten die Ergebnisse ausgeweitet werden. So waren die Versuchspersonen aus Ländern mit längerer Arbeitszeit wie USA, England, Dänemark oder Schweden nachweislich kognitiv besser als in Ländern mit früherem Renteneintritt wie Frankreich, Belgien oder Italien (Deutschland lag übrigens in der Mitte dieses rankings). Dieses Forschungsergebnis, dass Gehirnarbeit das Gehirn fit hält, war schon früher einmal erbracht worden, wo man den IQ-Abfall von über zwanzig Punkten feststellte, sobald jemand drei Wochen reinen Passiv-Urlaub absolvierte. Also, ob Sudoku, Kreuzworträtsel, Kindern, Kranken oder Alten vorlesen, Serendepity im Netz betreiben, Essen auf Rädern ausfahren oder auch als graue Eminenz sein Brot noch durch Arbeit erwirtschaften, all das hält das Gehirn erfolgreich aktiv. Zum Wohl für einen selbst, und nicht zuletzt für seine Lieben, für die man in Augenhöhe respektabel bleibt.

Rohwedde S., Willis R.J., Mental retirement., J.of Economic Perspektives 2010, 24/1, 119-138