Paartherapie: Ex-Appeal – wie Gedanken an den Ex die neue Liebe untergraben

Der spürbare Wunsch des neuen Partners mit seinem bzw. seiner Ex weiterhin eng befreundet bleiben zu wollen, ist für viele kein Grund zur Freude: es scheint eine stets schwelende „Rückfall-Gefahr“ auszugehen von der aufflackernden Erinnerung an gemeinsame intime Zeiten. Der Kontakt wird deshalb oft missbilligt. Doch dass alleine schon die Gedanken an den Ex ein schlechtes Vorzeichen für das neue Liebesglück sein können und eine neue Beziehung buchstäblich untergraben können, das wurde kürzlich wissenschaftlich bestätigt.

In einer Langzeitstudie berichteten 123 Personen über ihre aktuelle Partnerschaftsqualität, ihre emotionale Verbindung zu den Ex-Partnern sowie die wahrgenommene Qualität von Partneralternativen. Diese Variablen wurden zu drei Messzeitpunkten über einen Zeitraum von 6 Monaten erfasst.

Die kanadischen Wissenschaftler Spielmann und Kollegen (2012) von der Universität Toronto fanden dabei heraus, dass eine zunehmende Sehnsucht zurück nach dem Ex-Partner das Abnehmen der Beziehungsqualität vorhersagen kann – allerdings nur wenn an den unmittelbaren Vorgänger gedacht wird.

Der sogenannte Ex-appeal-Effekt wirkt auch in die andere Richtung: Mit sinkender Beziehungsqualität schleichen sich vermehrt wohlige, romantische Gedanken an den Ex-Partner ein und untergraben so die neue Liebe. Interessanterweise war die Sehnsucht nach dem Ex dabei weitaus höher als die Sehnsucht nach einem generellen Partnerwechsel.

Dies wird von der Forschergruppe so erklärt, dass der Ex-Partner eine besonders attraktive Alternative zur aktuellen Beziehung darstellt, weil dieser als erreichbarer und leichter zugänglich empfunden wird. Nostalgie könnte hierbei auch eine Rolle spielen: Die Vergangenheit wird positiv verzehrt und romantisiert. Die Gedanken an die rosige Vergangenheit fungieren somit als Mittel zur Selbstberuhigung, wenn es zu Schwierigkeiten in der aktuellen Beziehung kommt.

Tiefenpsychologisch könnte man ergänzen, dass hier zwei klassische Muster wirken, die in uns die Evolution vererbt hat und implizit wirken: die Projektion und die Gnade der positiven Erinnerung („Die gute alte Zeit“). Die Projektion nährt die Hoffnung, dass es dort, im Paradies, oder bei jemandem, der nicht unser aktueller Partner ist, schöner wäre. Auch der/die Ex ist ja nicht da, also stört kein Schnarchen und kein Nein, alles wird geschönt. Umso mehr greift dieser Euphemismus durch die evolutionäre Gnade der positiven Erinnerung: wir vergessen zunehmend die negativen Seiten des Partners, selbst die, weshalb wir uns getrennt haben, und schwärmen insgeheim oder sogar lautstark von den Vorzügen des gebrochenen Krugs. Freunde müssen uns da gelegentlich regelrecht aufwecken und an die schlechten Zeiten erinnern, die wir aufgrund der inkompatiblen Partnerschaft erlitten haben, aber selbst nicht mehr als so schlimm erinnern. Wieder einmal genial von der Evolution, die uns durch diesen schönfärbenden Algorithmus sozusagen zwangsbeglückt, damit die Menschheit nicht ausstirbt. Geht man von der Statistik aus, dass jeder Hochzeiter zwischen 2-12 Beziehungen hinter sich hat, die nicht gepasst haben, dann müsste er sich ja eigentlich sagen, Partnerschaft ist nichts für mich. Doch er sagt sich, eigentlich war es doch sehr schön gebunden zu sein, und projiziert seine Sehnsüchte auf den nächsten … Die Hoffnung stirbt zuletzt, bis dahin beflügelt sie uns. Doch sie sollte sich parallel zum Zeitpfeil nach vorne in die Zukunft richten und nicht zurück in die Vergangenheit zum Ex. Außer, beide haben sich geändert. Dann wären sie ja neue.



Spielmann, S., Joel, S., MacDonald, G. & Kogan, A. (in press). Ex appeal: Current relationship quality and emotional attachment to ex-partners. Social Psychological and Personality Science (2012).

Ist Partnerschaft heutzutage nur noch eine Illusion?

Eine Illusion ist die Partnerschaft dann, wenn man irrigerweise folgende drei Gedanken im Kopf hat:

– Es gibt „den Richtigen/die Richtige“.
– Die Weisheit „Gegensätze ziehen sich an“ kann ein fehlendes Zueinanderpassen ersetzen.
– Liebe allein reicht für eine dauerhafte Ehe.

Partnerschaft ist auch heute keine Illusion, wenn man in einer Partnerschaft weniger ein Schlaraffenland sieht, wo man alle seine Wünsche erfüllt bekommt. Erfolgreich läuft es, wenn man die Partnerschaft vielmehr als einen gemeinsam zu bestellenden Garten sieht: Die Partnerschaft als der Lebensbereich, wo man seine wichtigsten und intimsten Persönlichkeitsanteile kennen lernen, ausloten, entwickeln und entfalten kann.

Und zwar gemeinsam besser als alleine. Wenn man Partnerschaftskrisen als Erfahrung schätzt, die zeigen, dass die Liebe stärker ist als die Probleme selbst. Das gibt Vertrauen, das stärkt und trägt. Und wenn man die gemeinsam verbrachten Jahre als einen unwiederbringlichen und nicht käuflichen Erfahrungsschatz wertet.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Liebe und Lust. Mary Hahn Verlag

LAT

Living Apart Together – Fest zusammen sein, aber getrennt leben und sich auf Zeit sehen. Was für die meisten paradox klingt, ist für immer mehr Paare ein Luxus, den sie sich gerne leisten. Von 1992 bis 2006 stieg die Anzahl der Paare, die in zwei Wohnungen lebt, um 11,6 Prozent. Fast jede sechste Beziehung wird so geführt.

„Zu lang andauernde räumliche Nähe ist der Tod einer jeden Beziehung“ lautet das Motto der LAT-Jünger. Sicher nicht für alle Menschen gleichermaßen praktikabel oder akzeptabel, aber wer den Partner liebt und gleichzeitig sich selbst (respektive: seinen persönlichen Freiraum), für den ist das LAT-Modell die ideale Lebens- und Beziehungsform.

Jedenfalls braucht man sich heute nicht mehr dafür zu schämen. In guter Gesellschaft wäre man aber auch schon in der Vergangenheit gewesen. Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir haben es vorgemacht. Woody Allen und Mia Farrow hielten den Trend auf angenehm humorvolle Art aufrecht.

Wer sich heute für eine solche Beziehung entscheidet, sollte das unbedingt mit dem Partner klären. Und mit sich selbst, ob man das aus Lust oder Angst tut – denn die Beziehungsängste in unserer Gesellschaft haben ebenso zugenommen wie die Entfaltungsmöglichkeiten für glückliche Beziehungen. Kommunikation ist hier also einmal mehr entscheidend – mit dem Partner und mit sich selbst.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Parameter der Partnerwahl

„Überlassen Sie die Partnerwahl nicht dem Zufall…!“ raten die Autoren einer wissenschaftlichen Studie aus der Schweiz. Sie erhoben über 5 Jahre lang persönliche Daten aus mehr als 1000 Paarbeziehungen und setzten diese Daten damit in Beziehung, ob sich die Paare im Untersuchungszeitraum trennten oder nicht.

Rein statistisch gesehen ist die Trennungswahrscheinlichkeit am geringsten, wenn

  • beide Partner die gleiche Nationalität haben
  • beide Partner nicht bereits geschieden waren
  • Er mindestens fünf jahre älter ist als sie
  • sie gebildeter ist als er

Die meisten Partnerbörsen im Internet arbeiten bereits mit ähnlichen „Formeln“ für privates Glück. Immerhin versprechen sie sich und ihren Kunden damit die größtmögliche Wahrscheinlichkeit für eine dauerhafte Partnerschaft. Funktioniert das deshalb immer und sind wir wirklich am glücklichsten, wenn wir streng mathematisch vorgehen? Nein, natürlich nicht. Und natürlich ist auch erwiesen, dass wir manchmal das Unerwartete, eigentlich Unpassende vorziehen. Das ist nur allzu menschlich: „Wo die Liebe hinfällt….“


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: lub/AFP

Gute Taten vermehren sich

…automatisch. Genauer gesagt, breitet sich altruistisches Verhalten in sozialen Netzwerken exponentiell aus. Das bedeutet: Tun wir jemandem etwas Gutes, fühlen wir uns zum einen gut und vollbringen mit größerer Wahrscheinlichkeit weitere gute Taten. Und zum anderen veranlassen wir die Personen, denen wir etwas Gutes getan haben unbewusst dazu, selbst gute Taten folgen zu lassen. Denen wiederum weitere gute Taten folgen.

Das Diagramm veranschaulicht den Prozess, den die Wissenschaftler James Fowler von der Universität in San Diego und Nicholas Christakis von der Harvard University experimentell belegt haben:


Im Experiment der US-Forscher gaben Versuchsteilnehmer wie Eleni anderen Versuchsteilnehmern wie Lucas einen Teil von ihrem zuvor erspielten Gewinn ab – einfach so. Das bewirkte, dass die Beschenkten ihrerseits mehr zum Schenken bereit waren (Lucas gab zum Beispiel Erika Geld). Die Teilnehmer der „2. Generation“ waren immer noch freigiebiger. Das altruistische Verhalten zeigte sich über ingesamt 3 Generationen von Versuchsteilnehmern. Durchschnittlich profitierten mehr als 20 Personen von der guten Tat eines Einzelnen.

Das Ergebnis liefert ein sehr optimistisches Bild der menschlichen Natur. Doch Fowler und Christakis machten die Gegenprobe und fanden: Auch feindseliges Verhalten breitete sich im sozialen Netzwerk aus. Und zwar genauso schnell wie die guten Taten. Der wichtigste Schluss, den die Forscher aus ihren Ergebnissen ziehen ist also, dass die Handlung eines Einzelnen größere Wellen schlägt als gedacht.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: University of California – San Diego (2010, March 10). Acts of kindness spread surprisingly easily: just a few people can make a difference. ScienceDaily

Inhalt vs. Beziehung

„Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt“ heißt das zweite berühmte ‚Axiom‘ des Kommunikationsforschers Paul Watzlawick.

Neben der inhaltlichen Aussage schwingt in vielen Äußerungen mit, was wir nebenbei noch ausdrücken wollen: „Da bist du ja endlich wieder“ heißt ja nicht nur: ‚Ich sehe dich, du bist also zurück. Aha.‘ Sondern es heißt vielmehr: ‚Du hast mir gefehlt, ich habe mir schon langsam Sorgen gemacht, schön, dass ich dich jetzt wieder in meiner Nähe habe, ich freue mich über deine Anwesenheit.‘

Dabei gilt: Die Beziehungsebene dominiert die Inhaltsebene.
Jede Kommunikation enthält eine Botschaft von A zu B, wobei ein Inhalt vermittelt wird. Nun findet Kommunikation ja stets zwischen Menschen statt, „die sich etwas zu sagen haben“. Sei es der Austausch zwischen Verkäufer und Kunde, zwischen Arzt und Patient, Lehrer und Schüler, zwischen Verliebten oder Kollegen. Stets ist die Beziehung der beiden zueinander bedeutender als der sachliche Inhalt des Übermittelten.

Man sollte sich stets vor Augen führen, dass der Inhaltsaspekt im Vergleich zum Beziehungsaspekt meist in den Hintergrund gerät (Ausnahmen sind rein technische Informationen, wie zum Beispiel zwischen Fluglotsen und Piloten). Wie oft jedoch wird übersehen, dass wir Menschen keine befehlsorientierten Roboter sind, sondern gefühlsgesteuerte Lebewesen, die vielfach ihr Selbstwertgefühl aus der aktuellen Kommunikationskultur beziehen.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Kommunikative Kompetenz. GABAL Verlag