Lernen Sie, sich zu entscheiden

„Wähle und meide mit Bedacht“ heißt eine Lebensregel aus der Antike. Üben Sie sich darin, sich einmal eine Weile lang bei allen möglichen Anlässen selbst zu fragen:

Fordere ich genug oder zuviel oder zuwenig, kenne ich die jeweils passenden Formen, um mich durchzusetzten, ohne anzuecken oder zu verletzten?
Kann ich Liebe, Komplimente und Geschenke annehmen?
Kann ich in entscheidenden Augenblicken „ja“ sagen, oder was noch schwieriger ist: kann ich „nein“ sagen?

Achten Sie darauf, was Ihnen nützt und was Ihnen schadet. Fragen Sie sich öfter: Brauche ich das? Will ich das wirklich? Sie haben das Recht dazu, Ihr Leben nach Antworten auf diese Fragen einzurichten. Denn erst werden Sie Ihrer Selbstverantwortung gerecht.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Liebe und Lust. Mary Hahn Verlag

Richtige Entscheidung? Zweifel? Einfach fortspülen!

Partnerwahl, Autokauf, Urlaubssuche, Börsenkurse – täglich haben wir die Qual der Wahl. Und oft genug haben wir ein mulmiges Gefühl, nachdem wir eine Entscheidung getroffen haben. Dieses Gefühl hat einen wissenschaftlichen Namen: ‚Kognitive Dissonanz‘ (Wir berichteten im Beitrag vom 1. Juli 2009). Es entsteht immer dann, wenn wir uns zwischen mehreren im Prinzip gleichwertigen Alternativen entschieden haben und kann sehr unangenehm sein.

Forscher der University of Michigan berichten nun von einem sehr einfachen ‚Rezept‘, um Kognitive Dissonanz teilweise zu reduzieren. Spike Lee und Norbert Schwarz fanden in ihrem Experiment, dass Händewaschen Zweifel beseitigen kann.

Lee behauptet, dass Händewaschen ’sowohl von unmoralischem Verhalten befreit, als auch von Gedanken über schwierige Entscheidungen. Zahlreiche Experimente hatten belegt, dass sich Menschen nach unmoralischen Handlungen weniger schlecht fühlen, wenn sie sich waschen – wie Shakespeare’s Lady MacBeth nach dem Mord an König Duncan. Lee schreibt dem Händewaschen deshalb eine besondere emotionale Bedeutung zu: Gefühle werden duch das Reinigen eliminiert oder zumindest abgeschwächt. Ein Grund warum Sportler ihre ‚Meisterschaftssocken‘ nicht waschen und Teenies nicht die Hände, mit denen sie Ihren ‚Star‘ berührt haben: Die positiven Gefühle sollen länger anhalten.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lee, S. Science, May 7, 2010; vol 328.

Der Teufel trägt Prada?

Harvard-Studie zu den psychologischen Auswirkungen von Luxusgütern

Mahatma Ghandi war der Meinung, dass „ein gewisses Maß an Harmonie und Komfort notwendig ist. Alles aber, was über dieses gewisse Maß hinaus geht, ist eher ein Hindernis, denn eine Hilfe.“
Die Psychologen Roy Chua und Xi Zou von der Harvard Business School gingen Ghandis Beobachtung nach und untersuchten die Auswirkungen von Luxusgütern auf mentale Prozesse, Einstellungen gegenüber anderen und soziale Entscheidungen.

In einer Hinsicht bestätigen sie Ghandi schon einmal: Beschäftigung mit und Besitz von Luxusartikeln aktivieren eigennützige Einstellungen. Sie beeinflussen unsere Wahrnehmung und die Informationsverarbeitung unseres Gehirns und damit letztlich auch unsere Entscheidungen. Kurz: Wenn wir mit Luxusartikeln konfrontiert werden, denken wir mehr an uns selbst. Aber hat das auch Auswirkungen auf andere? Chua und Zou stellen in ihren Experimenten fest:

a) Luxus führt nicht zwingend dazu, dass wir uns ‚fies‘ gegenüber anderen verhalten, aber er leitet Prozesse ein, die uns dazu verleiten, mehr an uns selbst und weniger an andere zu denken.
b)Luxus wirkt sich auf unser Entscheidungsverhalten derart aus, dass wir eher unsere eigenen Belange im Auge haben und mehr in Richtung Profitmaximierung entscheiden.
c)Luxus aktiviert zwar eigennützige psychische Konzepte, jedoch nicht die Tendenz, anderen zu schaden.

Die Harvard-Forscher folgern also, dass Luxus den Menschen nicht automatisch zum Teufel werden lässt, der rücksichtslos anderen Gruben gräbt, um seine Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen. Luxus führt lediglich dazu, dass wir ein bisschen mehr auf uns selbst achten. Und das kann durch aus seine positiven Seiten haben.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: hbswk.hbs.edu

Besser entscheiden mit Psychologie – Vertrauen ist Trumpf

Auf Grund der uralten Einsicht, dass nicht alles menschliche Verhalten rational ist und der Möglichkeit neuer Forschungsmethoden erlebte Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts die Verbindung von Psychologie und Wirtschaftswissenschaften eine Renaissance: Mit Hilfe der Tools der Verhaltensökonomie konnten Forscher nun weitaus besser als zuvor das (ir-)rationale Entscheidungsverhalten des Homo sapiens erklären und vorhersagen.

Bevor Sie sich nun wertvolle Tipps für bessere Entscheidungen abholen, sind Sie herzlich eingeladen, ein paar Zeilen zur Prospect Theory (siehe Beitrag vom 09.09.09) zu lesen. Obwohl die meisten Untersuchungen zur Prospect-Theorie aus dem wirtschaftlichen Kontext stammen, gilt die Theorie jedoch für alle Bereiche unseres Entscheidungs-Lebens. Zeit also, dass Sie in den Genuss der Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaftler kommen, damit Sie in Zukunft besser entscheiden.

Fairness und Vertrauen sind Trumpf

Prof. Dr. Falk von der Universität in Bonn hat ein schwieriges Forschungsgebiet: Er untersucht die Auswirkungen ethischer Werte auf Verhalten und Erleben der Menschen. Seine aus experimentellen Ergebnissen gewonnenen Erkenntnisse sind jedoch einfach und spannend zugleich. Eine seiner wichtigsten lautet: Fairness und Vertrauen sind bei wirtschaftlichen Entscheidungen wichtiger als Egoismus.

Was? Das ist doch wohl ein Scherz, oder? In Zeiten der Finanzkrise, wo allseits der Geist des Eigennutzes zu wehen scheint und gerissene Finanzjongleure mit ihrer Ellenbogenmentalität Unschuldige in den Ruin treiben? Jeder schaut doch am Ende nur auf sich!

Weit gefehlt, behauptet Falk. Und selbst wenn jeder am Ende nur den eigenen Nutzen maximieren sollte: Auf dem Weg dorthin, versuchen wir – weitgehend emotionsgeleitet – auch die Belange anderer zu maximieren, um mit ihnen langfristig ein gutes Verhältnis zu wahren.

Um seine These zu untermauern, ließ Falk freiwillige Versuchpersonen in Zweiergruppen das sogenannte ‚Ultimatum-Game‘ spielen. Dort erhält eine der Versuchspersonen (Person A) 10€ und die Anweisung, diesen Betrag nach eigenem Ermessen mit dem Mitspieler B zu teilen. Der Mitspieler wiederum kann das Angebot annehmen oder ablehnen. Der Trick: Lehnt der Mitspieler das Angebot ab, gehen beide leer aus. Nimmt er an, wird der Anteil des Mitspielers B vom Versuchsleiter verdreifacht. Worauf B wiederum nach eigenem Ermessen einen Teil des verdreifachten Betrages an A ‚aus Dankbarkeit‘ zurückgeben darf (der Betrag wird allerdings nicht mehr verdreifacht).

Für alle Nutzenmaximierer würde nun gelten: B nimmt das Angebot von A (das meist zwischen 3€ und 10€ liegt) an und verschwindet mit dem Geld, wohl wissend, dass er mehr vom Kuchen bekommen hat als A. Doch anders als erwartet schätzt in der Regel B das Vertrauen, das A ihm geschenkt hat und revanchiert sich mit in etwa der Hälfte des gewonnenen Betrages. Warum? Falk ist der Meinung, dass Menschen bei finanziellen Entscheidungen in der Regel auch am Nutzen für den Geschäftspartner interessiert sind, denn genau dieser Geschäftspartner kann in Zukunft dazu beitragen, das gemeinsame Vermögen noch weiter zu erhöhen. Es gilt also, kurzfristig Gewinn zu machen, aber auch langfristig wertvolle Beziehungen zu pflegen.

Das ideale Ergebnis (den optimalen Win-Win-Deal sozusagen) erhalten übrigens beide Spieler, wenn A die gesamten 10€ an B überweist und B anschließend mit A teilt. Beide haben dann 20€ gewonnen und somit ihr Anfangskapital vervierfacht. Eine optimale Basis für ein langfristiges und Gewinn bringendes gemeinsames Engagement.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Falk, A. et al. (2008). Testing Theories of Fairness – Intentions Matter. Games and Economic Behavior, 62

Sitzposition und Kommunikation

Je nachdem, welche Zielsetzung Ihre Kommunikation verfolgt, haben sich klare Empfehlungen für verschiedene Sitzpositionen bewährt:

  • Nebeneinander sitzen:
    Diese Position ist relevant beim Betrachten eines Vorgangs aus beinahe demselben Blickwinkel, vor einem gemeinsamen Bildschirm, beim Betrachten des Navigationsgeräts oder bei Nachhilfe.
  • Gegenüber sitzen:
    Diese Sitzhaltung hat Vorteile beim Schachspielen oder anderen Spielen. Ansonsten erzeugt sie von sich aus eine Kontrahenten-Position, die womöglich das Unterbewusstsein beider Beteiligten grundlos in Kampfstimmung geraten lässt. Eine Ausnahme gibt es allerdings, wenn zwei Menschen gemeinsam am Essenstisch sitzen. Ob zu Hause oder im Lokal, neigen sie dazu, sich einander gegenüber zu setzen. Der österreichische Verhaltensforscher Otto König erklärt diese Beobachtung mit dem Hinweis auf das Relikt einer urzeitlichen Instinkthandlung: In der Zeit, als unsere Vorfahren noch von der Steppenjagd lebten, war es ein überlebenswichtiges Gebot der Vorsicht, beim Verzehren der Beute den Horizont mit den Augen auf mögliche Gefahren abzutasten. Erblicken wir nun während des Essens beim (unbewusst urzeitlich instinktiven) Aufblicken, beim Kauen oder Trinken einen uns vertrauten Tafelpartner, dann fühlen wir uns beruhigt und sicher.
  • Über Eck sitzen
    Dies ist die ideale Position für kooperative Gespräche: Man kann sich nahe sein, muss sich aber nicht andauernd ansehen. Diese Position ist gut für kreative Synergieleistungen.

Zur Frage, welche Sitzposition bei Konferenzen ideal ist, empfehle ich, stehend an passenden Tischen zu konferieren. Und zwar eine halbe Stunde lang.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Kommunikative Kompetenz. GABAL Verlag.

Besser entscheiden mit Psychologie

Auf Grund der uralten Einsicht, dass nicht alles menschliche Verhalten rational ist und der Möglichkeit neuer Forschungsmethoden erlebte Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts die Verbindung von Psychologie und Wirtschaftswissenschaften eine Renaissance: Mit Hilfe der Tools der Verhaltensökonomie konnten Forscher nun weitaus besser als zuvor das (ir-)rationale Entscheidungsverhalten des Homo sapiens erklären und vorhersagen.

Bevor Sie sich nun wertvolle Tipps für bessere Entscheidungen abholen, sind Sie herzlich eingeladen, ein paar Zeilen zur Prospect Theory (siehe Beitrag vom 09.09.09) zu lesen. Obwohl die meisten Untersuchungen zur Prospect-Theorie aus dem wirtschaftlichen Kontext stammen, gilt die Theorie jedoch für alle Bereiche unseres Entscheidungs-Lebens. Zeit also, dass Sie ein paar dieser Fehler kennen lernen, um sie in Zukunft zu vermeiden. Ab jetzt können Sie gerne jeweils donnerstags unsere kleine Serie ‚Besser entscheiden mit Psychologie‘ nutzen. Viel Spaß beim Experimentieren mit den Ergebnissen der Verhaltensökonomik!

Teil 3 – Overconfidence Bias

„Sicher?“ – „100%ig!!“. Von wegen….
Bei wirtschaftlichen wie bei persönlichen Fragen überschätzen wir systematisch unsere Fähigkeit, Wahrscheinlichkeiten anzugeben und Vorhersagen für zukünftige Ereignisse zu treffen.
Ein Beispiel: Gibt man Versuchsteilnehmern die Aufgabe, die Bevölkerung Bulgariens derart zu schätzen, dass der angenommene wahre Wert zu 90% Wahrscheinlichkeit in einem genannten Intervall liegt (typische Antwort: ‚Die Bevölkerung liegt mit 90% Sicherheit zwischen 10 und 15 Millionen‘), so geben die meisten Teilnehmer zu geringe Intervalle an.
Oder: Geben Sie Teilnehmern in einem Quiz die Möglichkeit, auf die Korrektheit ihrer Antworten zu wetten. Die Teilnehmer werden in der Regel Geld verlieren.

Diese Art von überhöhtem Selbstvertrauen in unsere eigenen Entscheidungen und Prognosen wird in der Psychologie „Vermessenheitsverzerrung“ oder englisch „overconfidence bias“ genannt. Im psychologischen Versuchslabor hat die Selbstüberschätzung natürlich keine weitreichenden Folgen, wohl aber oft in der Realität („Ich kann noch fahren“, „Kaufen, kaufen, die Wertpapiere steigen mit ziemlicher Sicherheit wieder!“).

Dazu kommt: Selbstüberschätzung ist in der Regel sogar gesund: Sie hilft uns, unser Selbstvertrauen aufrecht zuerhalten und unseren „Locus of Control“ internal zu verankern – was nichts anderes bedeutet, als dass wir uns selbst das Gefühl geben, ‚die Dinge in der Hand zu haben‘. So gesehen ist die Vermessenheitsverzerrung eine wichtige Grundlage unseres Selbstwertbewusstseins und ein naher Verwandter des Optimismus. Beide brauchen wir, um glücklich und zufrieden zu werden. ‚Gesunde Selbstüberschätzung‘ nennt der Volksmund das Phänomen – und dem ist zunächst nichts entgegenzusetzen.

Zumindest so lange nicht, bis die eigenen falschen Entscheidungen auf Grund einer Vermessenheitsverzerrung das eigene Leben oder das anderer gravierend beeinträchtigen können („lass mal, ich kann noch fahren“).

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer