Wege zum Glück

Auch wenn intensive Glücksgefühle eher für den Moment als auf Dauer bestehen – wer mit sich selbst und anderen im Reinen ist, lebt glücklicher

Wenn im Mittelalter der Töpfer Krug und Deckel aus dem Brennofen zog und diese noch immer gut zusammen passten, dann nannte er dieses Gelingen ein „Gelükke“ – ein Glück. Diese Vorstellung vom „Gelingen“ steckt auch heute noch in unserem Glücksempfinden, meint Dr. Stephan Lermer, Psychotherapeut, Coach und Glücksforscher. „Es ist das Gefühl des gelungenen Lebens, das uns in einem glücklichen Moment bewusst wird.“ Das Gefühl, angekommen zu sein, den richtigen Platz im Leben gefunden zu haben – etwas zu tun, in dem wir ganz aufgehen und die Zeit vergessen können.

Diese Empfindung von Glück teilen nach Lermers Einschätzung die meisten Menschen. „Aber die Art und Weise, wie sie zu ihrem Glück kommen, ist doch sehr verschieden.“ Der eine will auf dem Berg alleine sein, der andere braucht Trubel. Der Nächste möchte Teil einer großen Familie sein, ein anderer in trauter Zweisamkeit oder auch mit Gleichgesinnten im Einsatz für eine „große Sache“.

Den eigenen Weg definieren

Deshalb ist für Stephan Lermer die erste Stufe auf dem Weg zum Glück die der Selbsterkenntnis, denn: „Es gibt nicht den einen Weg zum Glück, aber es gibt Ihren Weg zum Glück. Je besser Sie wissen, was Sie wirklich wollen, was Ihnen Freude macht und was Kummer, desto besser können Sie auch danach leben.“ Wer sich beispielsweise mit Freude bewegt oder für eine Idee begeistert, bekommt dadurch einen Schub des „Glückshormons“ Endorphin – „aber nur, wenn sein Tun wirklich seinem inneren Willen entspricht und nicht, wenn er es sich ‚aus Vernunft‘ auferlegt hat.“

Das betont auch der Medizinsoziologe Michael Rosentreter, und rät: „Ergründen Sie für sich, was Ihnen zum guten Leben besonders wichtig ist. Gute Freunde? Die Familie? Eine Arbeit, die vor allem spannend und fordernd, gesellschaftlich sinnvoll, gut bezahlt oder eher einfach und schnell zu erledigen ist? Bildung? Wohlstand?“ Wer weiß, was er will, bekommt es deshalb zwar noch lange nicht gleich. Erst recht nicht, wenn er sich um seine materielle oder gesundheitliche Existenz sorgen muss. „Aber wer sich kennt und frei von existenziellen Nöten ist, kann seinen persönlichen Gestaltungsspielraum – dort, wo er ihn hat – besser nutzen.“

 

Dankbar sein

Eine weitere wichtige Quelle von Glücksgefühlen sieht Stephan Lermer in der Dankbarkeit. „Indem wir uns bewusst machen: Es hätte auch anders verlaufen, auch weniger gut ausgehen können, schätzen wir mehr, was wir tun und haben – und sind glücklich darüber.“ Nicht zuletzt das kirchliche Erntedankfest ist Ausdruck dieser Freude. Religion und Spiritualität helfen im Übrigen vielen Menschen beim Glücklichsein, betont auch Michael Rosentreter. „Sie sehen nicht nur jedes tägliche kleine  Glück als Gnade, sondern sehen auch in manch einem Unglück einen tieferen Sinn oder die Chance für etwas Positives.“

Maß halten

Das eigene Glück zu schätzen, dazu gehört Rosentreters Meinung nach auch die Kunst, das richtige Maß zu finden. „Ein Kind freut sich riesig, wenn Sie ihm ein Eis spendieren. Tun Sie dies aber täglich, empfindet es weniger Freude, weil es das Eis für selbstverständlich hält und weniger schätzt.“ Ähnlich verhält es sich mit den Relationen, in denen wir unsere Lebenssituation mit anderen vergleichen: Wer etwa in einer ausreichend großen Wohnung lebt und einer Arbeit nachgeht, die er mag und von der er gut lebt, kann sich wahrhaft glücklich schätzen. Ist derselbe Mensch aber umgeben von Nachbarn in großen Häusern, die von spannenden Jobs und tollen Reisen erzählen, fühlt er sich mit einem Mal weniger glücklich, auch wenn sich objektiv nichts an seiner Lage geändert hat.

Auch hier empfiehlt Michael Rosentreter: „Schätzen Sie das Gute, das Ihnen widerfährt, und nehmen Sie sich Zeit, es zu genießen – ohne es daran zu bemessen, was andere tun und haben, und auch ohne davon auszugehen, dass es mehr werden muss.“

 

Neues denken, lernen, tun

Eingetretene Pfade verlassen, Neues denken, lernen und tun, Abwechslung ins eigene Leben bringen – auch das setzt Glücksgefühle frei. Vor allem, wenn Sie dabei erfahren, dass Sie etwas bewirken, dass es auf Sie ankommt, erläutert Lermer. „Stellen Sie sich beispielsweise vor, Sie fragen zwei Arbeiter, die an einer Mondrakete bauen, was sie da machen. Der eine antwortet, er verlegt die Kabel. Der andere macht dasselbe, aber er antwortet strahlend: Wir fliegen auf den Mond! Wer denken Sie ist wohl glücklicher, sowohl bei der Arbeit als auch am Feierabend?“

Auf andere Menschen zugehen

Der Mensch ist ein soziales Wesen. „Mit anderen zusammen zu sein, von ihnen geschätzt zu werden, mit ihnen zu sprechen und zu lachen, das macht uns glücklich“, ist Stephan Lermer überzeugt. Apropos Lachen: „Forscher haben herausgefunden, dass Kinder Tag für Tag 40-mal häufiger lachen als Erwachsene. Wir können von den Kindern also noch viel lernen, denn sie nutzen damit eine weitere Glücksquelle, die nichts kostet, aber sehr wirkungsvoll ist.“

Worin sich die Forschung ebenfalls einig ist: Ein effektives Mittel, glücklich zu werden, ist Glück zu verschenken. Denn dabei werden wir selbst glücklicher, resümiert Stephan Lermer.  „Das können Sie  direkt spüren, wenn jemand vor Ihren Augen Ihr Geschenk auspackt und sich so richtig freut darüber. Da geht Ihnen doch das Herz auf.“

von Barbara Erbe, aktualisiert am 23.07.2015; Apotheken Umschau

Glückliche Chefs führen besser

 

Glückliche Chefs sind besser –

eine Studie um Sirkwoo Jin vom Merrimack College in Massachusetts belegt es jetzt: Glückliche Führungskräfte leiten besser! In einer Befragung gaben insgesamt 3057 Führungskräfte ihre momentane Stimmung, sowie ihre Zufriedenheit und ihre Verbundenheit mit dem Unternehmen an. 1404 ihrer Mitarbeiter hingegen wurden danach gefragt, ob ihr Chef moralische Standards setzte, optimistisch über die Zukunft sprach, die Kreativität förderte und sich mit jedem Bereich und der dazugehörigen Angestellten persönlich auseinandersetzte. Dadurch sollte die transformationale Führung festgestellt werden.

Das Ergebnis war eindeutig: Fröhliche, ausgelassene und zufriedene Chefs führen besser. Die positive Grundstimmung forderte vor allem die Förderung von Werten, wodurch die Mitarbeiter zufriedener und somit kreativer waren. Aber auch die Bindung an das Unternehmen spielte eine große Rolle. Führungskräfte, die an ihr Unternehmen gebunden sind und an es glauben verbreiten eher gute Stimmung als andere.

 

(Wirtschaftspsychologie aktuell, 2016) http://www.wirtschaftspsychologie-aktuell.de/lernen/lernen-20160120-lernen-von-sirkwoo-jin-froehliche-chefs-fuehren-besser.html

Studie zum Umgang mit Sozialen Medien: Macht uns Facebook unglücklich?

Die Nutzung sozialer Medien ist für die meisten Menschen zur täglichen Routine geworden: Facebook, Twitter, Instagram, Xing sind für die meisten so selbstverständlich, dass sie sich ein Leben ohne Vernetzung nicht einmal mehr vorstellen können. Doch wie beeinflusst die Nutzung sozialer Medien unsere Lebensqualität?

Wieviel Einfluss hat die tägliche Nutzung sozialer Medien auf die Lebensqualität?
Dieser Frage ging das dänische Happiness Research Institute in einer groß angelegten experimentellen Studie nach. – Mit erstaunlichen Ergebnissen.

 

Die Studie

Das Happiness Research Institute mit Sitz in Kopenhagen ist ein unabhängiges Forschungsinstitut, eine Art Denkfabrik, das den Fokus seiner Forschung vollkommen auf Wohlbefinden, Glück und Lebensqualität legt. Ziel der Forscher ist es, Entscheidungsträger über Ursachen und Wirkungen von Glück zu informieren, das subjektive Wohlbefinden zum Gegenstand öffentlicher Debatten zu machen und so die Lebensqualität der Menschen zu erhöhen.

Für ihr „Facebook-Experiment“ wurden über 1.000 Menschen in Dänemark nach ihren Gewohnheiten bezüglich der Nutzung sozialer Medien sowie über ihre Lebenszufriedenheit befragt. Anschließend wurden die StudienteilnehmerInnen zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe sollte Facebook weiterhin so nutzen wie gewohnt, die zweite Gruppe jedoch wurde aufgefordert, Facebook eine ganze Woche lang gar nicht zu benutzen. Nach dieser Woche wurden alle TeilnehmerInnen erneut gefragt, wie hoch sie ihre Lebensqualität einschätzten.

 

 Die Ergebnisse der Studie

Die Ergebnisse des Experiments sind erstaunlich: Nach nur einer Woche hatte sich die Lebenszufriedenheit der TeilnehmerInnen, die auf Facebook verzichtet hatten, signifikant gesteigert. Auch ihre Stimmung war deutlich gehobener als die der Facebook-NutzerInnen: verglichen mit diesen fühlten sie sich glücklicher, sowie weniger traurig und einsam. Auch erfuhren sie einen Anstieg ihrer sozialen Aktivitäten und waren nach der Woche ohne Facebook zufriedener mit ihrem Sozialleben als zuvor. Sie konnten sich besser konzentrieren, fühlten sich weniger gestresst und gaben an, deutlich weniger das Gefühl zu haben, ihre Zeit zu verschwenden, als noch vor der Facebook-freien Woche.

 

 

Der Einfluss sozialer Medien auf die Lebenszufriedenheit

Wie kann eine nur einwöchige Abstinenz von sozialen Medien einen so deutlichen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit haben? Die Forschergruppe des Happiness Research Institute vermuten, dass es vor allem der soziale Vergleich ist, der dazu führt, dass sich Menschen, die regelmäßig soziale Medien nutzen, unglücklicher fühlen. Soziale Medien sind keine Spiegel der Realität: Menschen stellen ihre guten Seiten in den Vordergrund und posten Fotos von großartigen Erlebnissen – das aber macht soziale Medien zu einem „Non-Stop-Good-News-Channel“, einem kontinuierlichen Informationsfluss über aufpolierte Leben, der die Wahrnehmung der Realität vollkommen verzerrt.

Weitere Befragungsergebnisse scheinen diese Vermutung zu unterstützen, denn fünf von zehn Facebook-Nutzern geben an, andere um die großartigen Erlebnisse, die diese posten, zu beneiden. Einer von drei Facebook-Nutzern beneidet andere darum, wie glücklich sie auf deren Facebook-Seiten erscheinen. Und vier von zehn Facebook-Nutzern beneiden andere um deren scheinbaren Erfolg. – Ein Vergleichen auf sozialen Medien macht jedoch unglücklich: Regelmäßige Facebook-Nutzer weisen eine 39%-ige Wahrscheinlichkeit auf, weniger glücklich zu sein als ihre Freunde.

 

Nun sind soziale Medien aus dem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken. Allerdings ist es wichtig, dabei nicht zu vergessen, dass die dort dargestellte „Realität“ eine stark verzerrte ist. Ein Vergleich mit den so erfolgreich und glücklich erscheinenden Menschen ist nun einmal unrealistisch und macht noch dazu unglücklich. Um sich also von sozialen Medien nicht die Lebensqualität rauben zu lassen, ist es sinnvoller, sich darauf zu konzentrieren, was man selbst wirklich braucht – und nicht darauf, was andere scheinbar haben.

 

 

Quellen:
The Facebook Experiment, The Happiness Research Institute, 2015
abrufbar unter: Happiness Research Institute

 

Spezial zu Partnerschaft und Ehe: Konfliktstile: Gefahren und Chancen für die Partnerschaft

Der Umgang mit Konflikten ist ein entscheidender Faktor für die Entwicklung einer Partnerschaft. Der richtige Umgang mit ihnen kann zum erfreulichen Gelingen, der falsche jedoch unweigerlich zum fatalen Scheitern führen. Wie geht man nun mit Konflikten richtig um? Psychologische Studien offfenbaren, dass diese Frage stets individuell und zusätzlich nur zusammen mit dem/der PartnerIn beantwortbar ist.

Keine zwei Menschen ticken zu hundert Prozent gleich. Beim Zusammenleben sind daher Meinungsverschiedenheiten, kleinere und größere Reibereien sowie Streit geradezu unvermeidbar. Selbst dann, wenn man die gleichen Ziele, Werte und Träume teilt. Das Aufkommen eines Konflikts ist nicht gleichbedeutend mit dem drohenden Ende einer Partnerschaft – hier ist jedoch entscheidend, wie beide Partner damit umgehen. Dafür gibt es keine Patentlösung, die für alle gelten könnte. Psychologen der Universität Washington untersuchten in Langzeitstudien verschiedene Konfliktstile und deren Auswirkungen auf die Partnerschaft.

 

Drei markante Stile, wie Konflikte ausgetragen werden: Validators, Volatiles und Avoiders

Die Forschungsarbeit von Dr. Janice Driver und ihren Kollegen der Universität in Washington, in der über 300 Paare regelmäßig befragt wurden, ergab zunächst drei Stile, in denen Konflikte innerhalb von Partnerschaften ausgetragen werden. Sie beschreiben sie als Validators, Volatiles und Avoiders.

Bei Validators (engl. to validate: anerkennen, bestätigen, für gültig erklären) tauchen Meinungsverschiedenheiten grundsätzlich selten auf. Wenn beide ein Konfliktpotential erkennen, sprechen sie es offen und respektvoll an und sind dann schnell kompromissbereit. Sie akzeptieren die Emotionen und Ansichten ihres Partners, engen einander nicht ein und zeichnen sich durch starken gegenseitigen Respekt aus.

Bei Volatiles (engl. volatile: explosiv, brisant, verfliegend) dagegen geht es oft heiß her. Sie tragen ihre Konflikte mit Eifer aus, engagieren sich stark und leidenschaftlich. Diese Leidenschaftlichkeit zeigt sich aber nicht nur in Konfliktsituationen: Sie sind damit auch in der Lage,  ihre Wärme und Zuneigung füreinander sehr deutlich auszudrücken. So schaffen sie es, die negativen Emotionen, die während eines Konflikts entstehen, im Alltag wieder auszugleichen. Für sie ist es vorrangig wichtig, in jeder Situation deutliche Worte zu finden, und das erwarten sie auch von ihrem/r PartnerIn. So begegnen sie einander – auch während eines heftigen Streits – konsequent auf Augenhöhe.

Avoiders (engl. to avoid: vermeiden, umgehen, sich enthalten) jedoch vermeiden Konflikte, wo immer es möglich ist. Sie minimieren ihre Probleme, betonen positive Aspekte und blenden negative aus, um ja keine Konflikte entstehen zu lassen und den Alltag möglichst harmonisch zu gestalten. Entstehen dennoch Probleme, die sich nicht ad hoc lösen lassen, dann einigen sie sich lieber darauf, sich nicht einigen zu können, statt sich zu streiten („let’s agree to disagree“).

 

Der richtige Umgang mit Konflikten: Die gleiche Augenhöhe ist wichtig

Betrachtet man die drei Konfliktstile, die Dr. Driver und ihre Kollegen beschreiben, findet man sich gar selbst in einem davon wieder, stellt sich die Frage, welcher dieser Stile denn nun der Beste sei. Andersherum betrachtet: Welcher Stil mag für eine Beziehung am wenigstens förderlich sein?

Dr. Driver und ihre Kollegen gingen zunächst von der Annahme aus, dass vor allem Avoiders, Menschen also, die Konflikte möglichst immer vermeiden möchten, im Alltag schlechte Chancen haben, ihre Partnerschaft dauerhaft glücklich zu gestalten. So waren die Forscher sehr überrascht, als ihre Ergebnisse diese Vermutung nicht bestätigten. Im Gegenteil: Keiner der beschriebenen Konfliktstile zeigte sich als besonders vorteilhaft oder ungünstig (!).

Nicht der Konfliktstil selbst entscheidet also über Erfolg oder Scheitern einer Partnerschaft, sondern die Tatsache, dass die gleiche Art, mit Konflikten umzugehen, für beide Partner funktioniert. Nur so sind Begegnungen auf Augenhöhe möglich. Genau das ist aber entscheidend. Eine Person, die Konflikte lieber ganz vermeidet, wird mit jemandem, der gern leidenschaftlich streitet, kaum zurecht kommen. Jemand, der das Bedürfnis hat, Unstimmigkeiten sofort anzusprechen, wird Vermeidungsverhalten seines/r PartnerIn womöglich als Desinteresse missinterpretieren. Ein Mensch, der all seine Gefühle leidenschaftlich auszudrücken gewohnt ist, wird in jemandem, der sofort versucht, Kompromisse zu finden, kein adäquates Gegenüber finden.

Fazit: Der gleiche Konfliktstil muss also für beide Partner passen.

 

Die Forschungsergebnisse, die in dem Blog-Spezial zu Ehe und Partnerschaft präsentiert wurden, lassen deutlich erkennen: Weder die Anzahl der Konflikte noch der Konfliktstil bringt eine Beziehung zum Scheitern. Vielmehr ist es die Art, wie beide mit Konflikten umgehen. Und jede Form von Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten muss anschließend durch positive Interaktionen im Alltag wieder ausgeglichen werden. Gerade der gemeinsame Alltag zählt: Respekt und Zuneigung, die beide im alltäglichen Umgang miteinander zeigen, sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren einer Partnerschaft. Nur damit kann eine Partnerschaft auf Dauer glücklich gestaltet werden.

 

 

Quellen:
Driver, J., Tabares, A., Shapiro, A., Nahm, E. Y., Gottman, J. (2003). Interactional patterns in marital success and failure: Gottman laboratory studies. In F. Walsh (Ed.) Normal family process: Growing diversity and complexity (3rd ed., pp. 493-513) New York: Guilford Press.

Spezial zu Partnerschaft und Ehe: Was kennzeichnet glückliche Paare?

Das verflixte vierte Jahr: Vielen Paaren stellen sich gerade in diesem Zeitraum besondere Herausforderungen, denn die körpereigenen Glücks- und Bindungshormone sinken dann auf ihren tiefsten Stand. Haben es die Partner jedoch bis zu dieser Zeit geschafft, ihre Beziehung auf ein festes Fundament zu stellen, könnte das Erhoffte gelingen, auch weiterhin glücklich miteinander zu sein. Interviews, die Forscher mit älteren und glücklich verheirateten Paaren geführt haben, offenbaren, wie.

Sehr oft konzentrieren sich Forschung und auch Lebensratgeber auf spezielle Fehler, wodurch sich Menschen unzufrieden in ihrer Partnerschaft fühlen und die Beziehung letztlich daran scheitern lassen. Oft werden biologische Prozesse, wie z.B. das Absinken der Hormone Dopamin und Oxytocin für Schwierigkeiten verantwortlich gemacht und die Folgen daraus geradezu als unvermeidlich erklärt.

Ein Beispiel: In einer Studie zum Thema sexuelle und emotionale Eifersucht kommen Forscher zu dem Schluss, dass heterosexuelle Männer ein wesentlich größeres Problem mit sexueller Untreue ihrer Partnerinnen haben, während bei Frauen die emotionale Untreue ihrer Partner zu Eifersucht führt. Als Grund wird hierfür die biologisch begründete Verunsicherung des Mannes angegeben, ob er dann nun wirklich der genetische Vater potentiellen Nachwuchses wäre. Die Frau fürchtet eher die Gefahr, die Position der first lady bei ihrem Partner zu verlieren.

Diese evolutionspsychologischen Herleitungen erscheinen zwar oft sehr plausibel, sind aber einerseits nicht beweisbar und können andererseits diese biologischen Mechanismen nicht einfach auflösen, nur weil man sie jetzt zu kennen glaubt. Der Alltag beweist jedoch: Menschen müssen diesen Mechanismen nicht hilflos ausgesetzt bleiben.

 

Interaktionsmuster als Kennzeichen glücklicher Paare

In einer alternativen Herangehensweise konzentrierten sich Dr. Janice Driver und ihre Kollegen der Universität in Washington auf Merkmale, die glückliche Paare kennzeichnen. In der Hoffnung, Möglichkeiten zu entdecken, wie Menschen über Jahre hinweg glücklich miteinander sein können, lag ihr Fokus auf alltäglicher und nicht konfliktgeprägter Kommunikation. Tatsächlich konnten sie in Langzeitstudien verschiedene Faktoren ausmachen, wann die Partnerschaft auf Dauer als glücklich empfunden wurde.

 

Zuwendung

Einer der wichtigsten dieser Faktoren scheint das zu sein, was Dr. Driver und ihre Kollegen als „Zuwendung innerhalb partnerschaftlicher Interaktion“ bezeichneten. Hierzu wurden Paare eingeladen, eine Woche lang in einem Apartment zu wohnen, um dort 12 Stunden am Tag von den Forschern beobachtet zu werden. Jede Form der Initiierung von Interaktion – ob verbal oder lediglich durch einen Blick oder eine Geste – wurde gezählt und die Reaktion des/der PartnerIn darauf beobachtet. Denn jede Initiierung einer Interaktion bietet die Möglichkeit, die Beziehung zu verbessern oder zu verschlechtern. Auf eine solche Initiierung kann positiv reagiert werden, sie kann aber auch Ablehnung hervorrufen oder völlig ignoriert werden. Bei der Auswertung ihrer Beobachtungsdaten konnten die Forscher feststellen, dass Paare, die sich zuvor als glücklich miteinander bezeichnet hatten, nicht nur deutlich öfter Interaktion initiierten, sondern dass auf diese Initiierung auch wesentlich öfter positiv reagiert wurde. Positive Reaktionen fördern die emotionale Verbundenheit und die Partnerschaft, während Ablehnung und Ignoranz zu Distanz und Unzufriedenheit führen.

Sicher ist es im Alltag nahezu unmöglich, wirklich jeden Blick, jede Geste, jedes Wort des Gegenübers zu bemerken und darauf positiv zu reagieren. Dennoch deuten die Ergebnisse von Dr. Driver darauf hin, dass glückliche Paare dies öfter schaffen – was wiederum dazu führt, auch weiterhin glücklich miteinander zu sein.

 

Der Alltag zählt

Bei dieser und auch vielen anderen Untersuchungen dieser Studienreihe scheint sich eine Vermutung des Forscherteams immer wieder zu bestätigen: Der Alltag zählt. Es ist der alltägliche Umgang miteinander, der darüber bestimmt, wie glücklich Menschen in ihrer Beziehung werden. Ist der Alltag nicht von Respekt und Zuneigung geprägt, werden weder teure Geschenke oder Luxusurlaube dabei helfen, die Partnerschaft dauerhaft glücklich zu erleben.

Das zeigt sich bereits bei den finanziellen Ausgaben für die Hochzeitsfeier: Forscher der Universität von Virginia stellten fest, dass Eheleute, die für ihre Hochzeit zwar auch Geld ausgegeben, aber vorrangig viele Gäste eingeladen hatten, länger und glücklicher miteinander verheiratet sind, als Paare, die lediglich eine überaus luxuriöse Feier veranstalteten, um diesen Tag zu begehen.

Die genseitige tiefe Überzeugung davon, dass der/die PartnerIn Zuneigung, Respekt und Liebe verdient, das Kennen-lernen-wollen der Welt des/der anderen sowie die Betonung und das Leben gleicher Ansichten, Werte und Ziele haben sehr wenig mit materiellen Dingen zu tun. Sie aber werden dafür sorgen, dass eine Partnerschaft das Fundament erhält, auf dem sie von beiden dauerhaft als glücklich erlebt werden kann.

 

Was aber lässt so viele Paare am Alltag scheitern? Der nächste Blog-Eintrag wird dies näher beleuchten.

 

 

Quellen:

Driver, J., Tabares, A., Shapiro, A., Nahm, E. Y., Gottman, J. (2003). Interactional patterns in marital success and failure: Gottman laboratory studies. In F. Walsh (Ed.) Normal family process: Growing diversity and complexity (3rd ed., pp. 493-513) New York: Guilford Press.

Francis‐Tan, A., & Mialon, H. M. (2015). “A diamond is forever” and other fairy tales: The relationship between wedding expenses and marriage duration. Economic Inquiry.

Frederick, D. A., & Fales, M. R. (2014). Upset over sexual versus emotional infidelity among gay, lesbian, bisexual, and heterosexual adults. Archives of sexual behavior, 1-17.

Spezial zu Partnerschaft und Ehe: Wie bleibt das Glück erhalten?

„Bis, dass der Tod euch scheidet“ – dieser Trauspruch gilt für viele Ehen schon lange nicht mehr. Hält eine Ehe in Deutschland länger als 15 Jahre, wird sie heute meist schon als Langzeitehe bezeichnet. Kann man bereits zu Anfang erspüren, ob eine Partnerschaft belastbar ist? Wie steht es mit dem „Bauchgefühl“? Und welche Faktoren entscheiden darüber, ob die Partner in ihrer Ehe dauerhaft glücklich bleiben? Sozial- und Verhaltenswissenschaftler haben aktuell erstaunliche Forschungsergebnisse rund um das Thema Ehe und Partnerschaft zusammengetragen.

Dauerhaft glückliche Bindungen werden von den meisten Menschen als erstrebenswert angesehen. Der Beziehungsstatus hat z.B. direkte körperliche Auswirkungen: Verheiratete leben länger, werden seltener krank, ernähren sich gesünder und sind im Alter länger selbständig. Dennoch scheitern viele Paarbeziehungen an Hürden, die für viele nicht vorhersehbar schienen.

In unserer neuen Reihe von Blog-Einträgen werden Studienergebnisse dargestellt, aus denen hervorgeht, dass diese Hürden durchaus voraussehbar sind und – darüber hinaus – dass es möglich ist, in einer Partnerschaft dauerhaft glücklich zu sein.

 

Der richtige „Riecher“

Bereits in den ersten Augenblicken der Kontaktanbahnung ist unser Unterbewusstsein auf Hochtouren. Beide testen unbewusst ob eine Bindung miteinander wohl haltbar sein könnte: Dafür beiden müssen einander riechen können. Das mag zunächst banal klingen, dennoch haben biopsychologische Studien ergeben, dass der Geruchssinn soziales Verhalten massiv beeinflusst. Er hilft, unbewusst Emotionen in anderen Menschen zu entdecken; Menschen z.B., die ohne Geruchssinn geboren wurden, leiden nachweislich unter erhöhter sozialer Unsicherheit. Aus evolutionärer Sicht ist dieses Auswahlkriterium durchaus sinnvoll, denn ein Geruch, der als attraktiv empfunden wird, deutet darauf hin, dass sich das Immunsystem des Gegenübers vom eigenen unterscheidet, potentielle Nachkommen damit überlebensfähiger sein werden. Wer sich also gerne riechen mag, der bleibt auch länger zusammen.

 

Aufs Bauchgefühl achten

Bereits kurz nach der Hochzeit spüren die meisten Partner, wie es wirklich um ihre Ehe bestellt ist. Auch wenn sie vom Wunschdenken beseelt sind, eine glückliche und harmonische Ehe zu führen – sich auf das „Bauchgefühl“ zu verlassen, ist sinnvoller, als sich Dinge schönzureden. Konflikte, Missverständnisse oder enttäuschte Erwartungen gehören schon im Keim aufs Tapet: Man muss sie klären, und zwar durch beidseitig wohlwollende 4-Augen-Gespräche. Wobei viele das Feedback-Annehmen zum ersten Mal in ihrem Leben lernen müssen. Sie waren ja vorher noch nie verheiratet und haben das auch nirgendwo gelernt.

Der Psychologe James McNulty führte eine Langzeitstudie an 135 frisch verheirateten Paaren durch. Die StudienteilnehmerInnen wurden vier Jahre lang alle sechs Monate dazu befragt, wie zufrieden sie mit ihrer Ehe waren. Zusätzlich wurde jedes Mal ein sog. Implicit Associations Test durchgeführt, mit dem die unbewusste Einstellung der ProbandInnen zu ihrem/r PartnerIn und ihrer Ehe ermittelt wurde. McNulty’s erstaunliches Ergebnis: Die Paare, die gleich zu Beginn ihrer Ehe negative unbewusste Einstellungen zeigten, hatten im Laufe des Studienzeitraums Eheprobleme und standen vor der Trennung – auch wenn sie sich in der offenen Befragung anfangs geradezu euphorisch zeigten. Das Bauchgefühl lässt sich also nicht überlisten.

 

Das verflixte vierte Jahr

Der Untersuchungszeitraum von vier Jahren wurde von den Forschern nicht zufällig gewählt. Der sog. Coolidge-Effekt wurde bereits in den 1960-er Jahren entdeckt: Das Level der körpereigenen Glücks- und Bindungshormone Dopamin und Oxytocin – zu Beginn der Partnerschaft auf seinem höchsten Niveau – sinkt im Verlauf der Beziehung stetig und erreicht nach vier Jahren seinen tiefsten Stand. Die sexuelle Anziehungskraft wird damit immer geringer. Etliche Partnerschaften, in denen es die Partner in dieser Zeit nicht geschafft haben, ihre Beziehung auf ein festes Fundament zu stellen, scheitern an dieser Hürde.

 

Woraus aber besteht ein solches Fundament? Sind Menschen in der Lage, ihrer ganz natürlichen biologischen Entwicklung etwas entgegen zu setzen? Im nächsten Blog-Eintrag wird dieser Frage auf den Grund gegangen.

 

Quellen:

Croy, I., Bojanowski, V. & Hummel, T. (2013). Men without a sense of smell exhibit a strongly reduced number of sexual relationships, women exhibit reduced partnership security–a reanalysis of previously published data. Biological psychology, 92(2), 292-294.

McNulty, J. K., Olson, M. A., Meltzer, A. L., & Shaffer, M. J. (2013). Though they may be unaware, newlyweds implicitly know whether their marriage will be satisfying. Science, 342(6162), 1119-1120.

Wilson, J. R., Kuehn, R. E., & Beach, F. A. (1963). Modification in the sexual behavior of male rats produced by changing the stimulus female. Journal of comparative and physiological psychology, 56(3), 636.