„Zwei Dinge zur selben Zeit zu tun heißt, nichts zu tun“

Das wusste Publilius Syrus schon über 2000 Jahre bevor wir am Steuer telefonierend den Verkehrsfunk abhörten und gleichzeitig unsere Kinder sanft darauf hinwiesen, endlich ruhig zu sein.

Ganz so dramatisch ist es zwar nicht, aber das viel beschworene Multitasking ist kürzlich wieder etwas in Frage gestellt worden – durchStudien der renommierten Professoren David Meyer von der University of Michigan und Marcel Just von der Carnegie Mellon University.

Professor Meyer ließ seine Studenten verschiedene Kopfrechen-Aufgaben bearbeiten. Für eine Zeit lang sollten sie dabei nur dividieren, danach kamen Multiplikationsaufgabem, anschließend Subtraktion und Addition. Zwischen diesen ‚Blöcken‘, in denen jeweils nur eine Grundrechenart vorkam, befanden sich Serien von gemischten Aufgaben – das heißt, Meyer wechselte eine Zeit lang ständig die Aufgabenart (von Addition zu Division zu Subtraktion usw.). Bei diesen Wechseln brauchten die Studenten länger zur Lösung der Aufgaben: Durchschnittlich 1 Minute für 10 Multiplikationsaufgaben am Stück, aber 1 Minute und 20 Sekunden für gemischte Multiplikations- und Divisionsaufgaben von gleicher Schwierigkeit.

Interessant wurde es im zweiten Teil des Experiments: Professor Just benutzte fMRI (funktionelle Magnetresonanztomographie), um den Gehirnen seiner Probanden beim Arbeiten zuzusehen. Er zeigte ihnen komplizierte Sätze, während sie gleichzeitig geometrische Objekte mental rotieren lassen mussten – beispielsweise einen Würfel in Gedanken um mehrere Achsen drehen. Das Verstehen komplizierter Sätze und das Rotieren komplizierter Objekte beanspruchen verschiedene Hirnareale. Und so ging Just eigentlich davon aus, dass sich die beiden Aufgaben nicht gegenseitig behindern, oder zumindest: Jedes der beiden Hirnareale sollte härter arbeiten und insgesamt sollte die Anstrengung zunehmen.

Das überraschende Ergebnis: Die Hirnareale fürs Verstehen und Rotieren arbeiteten beide ineffizienter, wenn sie gemeinsam gebraucht wurden. Fazit: weniger Brainpower für jede einzelne Aufgabe bei Multitasking!

Die gute Nachricht: Multitasking ist trainierbar. Professor Meyer hat Trainingsstudien durchgeführt, die demonstrieren, dass man mit einiger Übung ein oder mehrere simultane Tätigkeiten soweit routinieren kann, dass weniger Ressourcen dafür notwendig sind. Meyer betont allerdings: „Man kommt relativ schnell an die Grenzen der Trainingseffekte.“ Sein Rat deshalb: „Wenn Sie es vermeiden können: Multitasken Sie nicht.“

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Psychologische Begriffe: Dissonanz

Stellen Sie sich vor, Sie sind auf Diät. Diesmal ziehen Sie es durch. Und dann finden Sie sich plötzlich Schokolade essend vor dem Fernseher wieder.

Diese Situation schmeckt Ihnen bestimmt nicht. Die Spannung, die Sie dabei fühlen nennen Sozialpsychologen ‚Kognitive Dissonanz‘. Sie entsteht immer dann, wenn zwei oder mehr Kognitionen – das heißt: Bewusstseinsinhalte, Gedanken, Gefühle, Verhaltensweisen, Überzeugungen, Einstellungen – unvereinbar sind. Siehe auch Wikipedia für eine genauere Begriffsdefinition.

Schon 1957 stellte der Psychologe Leon Festinger fest, dass Menschen sich in der Regel konsistent verhalten wollen. Wir haben feste Glaubenssätze und Einstellungen, die wir nicht gerne ändern. Wir verhalten uns in ähnlichen Situationen gleich und haben bestimmte Meinungen, die wir auch mit Bestimmtheit durchsetzen wollen. Und wenn wir auf Diät sind, dann sind wir auf Diät.

Falls wir nun also während der Diät ’sündigen‘, nehmen wir zwei Dinge wahr: 1. unsere Überzeugung, dass uns eine Diät gut tut und 2. unser Verhalten, das so gar nicht zu unserer Überzeugung passen mag. Diese Diskrepanz zwischen 1. und 2. wollen wir natürlich nicht auf Dauer spüren – das Gefühl ist sehr unangenehm, wie Sie vielleicht wissen. Und deshalb versuchen wir bewusst oder unbewusst, diese Spannung wieder zu reduzieren.

Und hier wird Festingers Theorie interessant. Er beschreibt nämlich ganz allgemein Wege, wie wir Kognitive Dissonanz wieder abbauen können:

  1. unsere Überzeugung ändern: „Eigentlich muss ich keine Diät halten“
  2. die eigene Wahrnehmung anpassen: „Ich habe doch nur ein bisschen davon gegessen“
  3. konsonante Kognitionen suchen, das bedeutet das eigene Verhalten schön reden: „Allerdings ist Schokolade auch nahrhaft und regt den Stoffwechsel an“
  4. den gesamten inneren Konflikt herabspielen: „He, was soll´s, das Leben ist kurz“
  5. sich die eigenen Wahlmöglichkeiten abreden: „Ich hatte keine Wahl. Die Schokolade läuft bald ab und außer mir isst sie ja eh keiner“

Die Reduktion von kognitiver Dissonanz lässt sich in vielen Situationen beobachten, so z.B. wenn man stundenlang für ein Konzert in der Schlange steht und am Ende die Musiker schlecht waren oder man aus irgendwelchen Gründen am Konzertabend verhindert war. Probieren Sie es selbst aus: Welche ‚Ausreden‘ würden Sie in den beiden Fällen benutzen?

Der Feind meines Feindes ist mein Freund
Festingers Theorie kann auf beliebig viele Kognitionen ausgedehnt werden. Ein beliebtes Beispiel: A mag B nicht. Nun kommt X und fängt mit B Streit an.


Welche Möglichkeiten hat A nun?

1. Er könnte mit X Freundschaft schließen. So hätten X und A ein gutes Verhältnis und könnte gemeinsam gegen B vorgehen. Das Beziehungsdreieck wäre damit konsonant.
2. Er könnte versuchen, mit B einen Neuanfang zu starten, müsste dafür aber X außen vor lassen.
3. Er könnte versuchen, mit B einen Neuanfang zu starten und ihn gleichzeitig von X´s Qualitäten überzeugen.

Von den 3 Möglichkeiten ist die dritte sicherlich die aufwändigste und die erste mit Abstand die einfachste. Ein Sozialpsychologe würde demnach – falls er keine anderen Informationen über die Situation hat – vorhersagen, dass sich hier zunächst eine Allianz von A und X gegen B bildet.

Übrigens Die Konstellationengehen auf Dauer NICHT. Sie sind DISSONANT. Warum? Der linke Fall ist für alle Parteien schlecht. Sind A, B, X Geschäftspartner, hat niemand einen Profit davon, wenn sich keiner mag. Es ist zu erwarten, dass sich zumindest zwei der Parteien zusammenschließen werden. Im rechten Fall (nehmen wir an, es handelt sich um ein Partnerschaftsproblem) sollte es B und X stören, dass der jeweils andere mit A gut zurecht kommt. Ein typischer Fall von Eifersucht! A sollte ebenfalls auf lange Sicht keinen Gewinn aus der Sache ziehen – Falls B und X nämlich anfangen sich zu mögen, könnte er bei beiden in Ungnade fallen (wie so oft bei ‚Dreiecksbeziehungen‘).

Im Rahmen unserer Business- und Partnerschaftstipps (Mo und Fr) werden wir noch öfter auf die Theorie der Kognitiven Dissonanz zurückkommen. Viele Herausforderungen des Lebens lassen sich damit elegant veranschaulichen und oft auch bewältigen.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

‚Project Implicit‘ – Die Tür zum Unbewussten

Forschung zum Anfassen: Seit über 10 Jahren betreiben amerikanische Forscher nun das ‚Project Implicit‘. Ziel des Forschungsprogramms ist es, einen wissenschaftlichen Zugang zum Unbewussten zu finden – und damit Stereotype zu erheben, Einstellungen zu messen und letztlich unser Verhalten zu erklären, das uns zuweilen immer wieder vor Rätsel stellt.

Denn oft können wir selbst nicht erklären, warum wir wann was getan haben. Wenige unserer Handlungen nehmen wir wirklich bewusst vor und viele unserer Einstellungen und Vorurteile sind implizit. Das heißt: Latent vorhanden, dem Bewusstsein nicht zugänglich, automatisiert. Oft wollen wir uns Gedanken auch nicht eingestehen. Oder wir wollen sie nicht äußern, weil wir negative Konsequenzen befürchten. Wie sieht es mit Ihrer Einstellung gegenüber anderen Religionen aus? Sind alle Menschen gleich? Sollten alle gleich behandelt werden? Ist die Todesstrafe gerecht oder unmenschlich? Was denken Sie wirklich?

Seit einigen Jahren nun existiert ein vielversprechender psychologischer Test, mit dem solche impliziten Einstellungen gemessen werden können: Der IAT (Implicit Association Test). Im Rahmen des Project Implicit wird er online angeboten. Jeder kann diesen Test machen, um (völlig anonym!) seine Einstellungen zu messen.

An der letzten veröffentlichten Studie, die mit Hilfe des Online-IAT durchgeführt wurde, beteiligten sich über 500.000 Menschen in 34 Ländern. Sie trugen damit nicht nur zur wissenschaftlichen Erkenntnis bei, sondern auch zu ihrer eigenen.

In der Studie wurde die Einstellung zu ‚Frauen und Mathematik‘ bzw. ‚Frauen und Wissenschaft‘ untersucht. 70% der Versuchsteilnehmer hatten dem Test zu Folge implizite Vorurteile gegenüber diesen Verbindungen. Brian Nosek, Leiter der Studie fasst zusammen: „Wir fanden die starke Tendenz […], dass die Teilnehmer sich im Durchschnitt leichter damit tun, die Konzepte Wissenschaft und Mathematik mit Männern zu assoziieren als mit Frauen.“ Übrigens: In jedem der 34 Länder!

So weit, so gut. Noch interessanter wurde das Ergebnis, als die Forscher die Daten des IAT mit der realen Leistung von Schülern in Mathe und Naturwissenschaften verglichen: In den Ländern, in denen es die größten Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen gab, waren auch die impliziten Vorurteile am größten! Ein klarer Hinweis darauf, dass Vorurteile in der Tat zum Geschlechterunterschied beitragen.

Auf der deutschen Website des Project Implicit können Sie selbst Demo-Tests machen, deren Ergebnisse nur Sie erfahren. Beispiele: Bevorzugen Sie dick oder dünn? Deutschland oder die USA? Männer oder Frauen? Wessis oder Ossis?

Wissenschaftliche Psychologie zum Anfassen. Probieren Sie es selbst aus. Auf Ihre Gefahr. Denn die Testautoren warnen: Die Ergebnisse könnten zu unliebsamen Ergebnissen führen.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

„Ordnung im Chaos“ – Unser Verlangen nach Struktur beeinflusst unsere Entscheidungen

Teil 1 – z.B. bei Wertpapieren

Haben Sie sich jemals gefragt, wie Aberglaube entsteht? Oder wie Verschwörungstheorien entstehen? Oder warum Börsenkurse sich manchmal völlig irrational verhalten?

Wir Menschen versuchen ständig, Ordnung in das Chaos dieser Welt zu bringen. Damit wir sie verstehen können, damit wir unser Verhalten an äußere Bedingungen anpassen können, damit wir Gefahren vorhersagen können. Unser Bedürfnis nach Ordnung geht sogar so weit, dass wir, wenn uns objektive Fakten fehlen, die Sterne um Rat fragen – eigentlich sinnlos, aber es gibt uns ein gutes Gefühl. Ein Gefühl der Kontrolle.

Und wann brauchen wir dieses Gefühl am meisten? Richtig. Wenn wir die Kontrolle verloren haben. Das heißt, wenn wir das Gefühl haben, dass wir fremdgesteuert werden, dass nichts, was wir tun, auch nur irgendetwas ändert und alles eigendynamisch in eine zufällige Richtung steuert. Welche phänomenalen Auswirkungen Kontrollverlust auf unser Ordnungsbedürfnis haben kann wurde jetzt wissenschaftlich untersucht.
Aber machen wir zunächst einen kleinen Test. Was erkennen Sie?

Nichts? Gut so. Die Punkte sind nämlich chaotisch verteilt. Lässt man seiner Fantasie eine Zeit lang freien Lauf, so erkennt man mit der Zeit sicher das ein oder andere Muster. Das ist normal und kann sogar Spaß machen.

Jennifer Whitson und Adam Galinsky von der Universität in Austin (Texas) hatten eine andere Hypothese: Je geringer unser Kontrollgefühl, desto verzweifelter versucht unser Gehirn, Ordnung in die Welt zu bringen. Deshalb sollten Menschen, denen während ihrer Experimente das Gefühl von Kontrollverlust vermittelt worden war*, schneller irgendwelche Dinge, Bilder oder Muster in ihren chaotischen Punktwolken erkennen als in einem entspannten Zustand. Das zeigte sich auch.

Doch Whitson und Galinsky gingen noch einen Schritt weiter. Und hier wird das Experiment interessant: Sie lieferten ihren Probanden zufällig ausgewählte Statements über Börsenkurse. Diejenigen Versuchsteilnehmer, die über ein geringeres Kontrollgefühl verfügten, sahen in den zufälligen Statements eher Zusammenhänge und Trends als die anderen Versuchsteilnehmer. Sie waren auch eher zu Entscheidungen über Kauf und Verkauf bereit.

Gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise könnten Gefühle von Kontrollverlust eine wichtige Rolle spielen. Jennifer Whitson: ‚Das wachsende Gefühl von Kontrollverlust bei Börsenhändlern und Investoren hat das Chaos nur noch verstärkt. Menschen reagieren in solchen Situationen besonders irrational und machen selbst wichtige Entscheidungen etwa von ihrem Horoskop und kleinen Ritualen abhängig.‘

Lesen Sie nächste Woche, wie mangelndes Kontrollgefühl die Entstehung von Aberglauben begünstigt und wie wir unsere Entscheidungen verbessern können, indem wir unser Kontrollgefühl wiederherstellen.

*ein geringes Kontrollgefühl kann ausgelöst werden, indem man den Versuchspersonen zuvor unlösbare Logik-Aufgaben gibt oder sie einfach ihre Erfahrungen in unkontrollierbaren Situationen erinnern lässt.

gepostet i. A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Whitson, J. & Galinsky, A (2008). Lacking control increases illusory pattern perception. Science, 322, pp.115-117

Psychologische Begriffe: „Part-List-Cuing“

Meine Einkaufsliste: ‚Mehl, Toast, Butter, WC-Reiniger, Frischhaltefolie, Kerzen, Sekt. Was noch? Äh…hm… Irgend etwas wollte ich doch noch aufschreiben!? Also nochmal: Mehl, Toast, Butter, WC-Reiniger, Frischhaltefolie, Kerzen, Sekt. Hm. Naja, fällt mir schon wieder ein.‘

Kennen Sie das? Geben Sie es zu.
Die obigen Zeilen sind ein Beispiel für einen Gedächtniseffekt, der bei allen Menschen existiert. Forscher sprechen dabei von „Part-List-Cuing“ (‚PLC‘) und meinen damit das Phänomen, dass zuvor gelernte Informationen nicht mehr aus dem Gedächtnis abgerufen werden können, sobald viele ähnliche Informationen vorhanden sind.

Ein Beispiel aus dem Büroalltag: ‚Meier anrufen wegen Kommission Wagner, Frau Schulz und Herrn Müller briefen wegen des Meetings um 12, Besprechungstermin mit Tanja um 4, Handwerker kontaktieren wegen der Küche, Tommy heute abend schon um 6 Uhr zum Sport bringen und…‘ ja, da war noch etwas. Fällt einem bestimmt auf dem Rückweg ein – eventuell erst, wenn es zu spät ist.

Warum fallen uns wichtige Dinge gerade jetzt nicht ein, obwohl uns ganz ähnliche Informationen bereits vorliegen? Warum vergessen wir beim Betrachten unserer Einkaufsliste manche der Dinge, die wir uns noch aufschreiben wollten, obwohl wir doch ganz ähnliche Dinge bereits aufgeschrieben haben und uns diese Dinge doch eigentlich helfen sollten, die anderen zu erinnern?

Fest steht: gerade weil sie dort stehen, wirken sie sich negativ auf unsere Erinnerung aus! Wodurch dieser seltsame Effekt zustande kommt ist bis heute nicht geklärt. Vieles spricht aber dafür, dass beim Abruf vieler ähnlicher Informationen (das heißt: beim Erkennen oder auch beim Erinnern) die eigentlich gesuchten Erinnerungen aktiv gehemmt werden.

Warum um alles in der Welt? Es wäre doch definitiv vorteilhafter, wenn wir immer alles ‚parat‘ hätten und uns ohne nachzudenken erinnern könnten. Allein: Die bewusste menschliche Informationsverarbeitungskapazität ist begrenzt (siehe unseren Blog-Beitrag vom 19.März, incl. Video zum Selbsttest!). Wir können uns nicht auf beliebig viele Dinge gleichzeitig konzentrieren.

Sehen wir also unsere Einkaufsliste oder den Terminkalender durch, so verarbeiten wir in diesem Moment bewusst die Informationen, die wir eben gerade anschauen. Für die eigentlich relevanten Dinge ist damit ‚kein Platz‘. Auf Grund ihrer Ähnlichkeit ‚drängen‘ sie allerdings gewissermaßen zur bewussten Verarbeitung. Die paradoxe Folge: Sie werden aus dem momentan bewussten Teil des Gedächtnisses gelöscht und ihre Repräsentation im Gedächtnis wird abgeschwächt. Zumindest zeitweise, was auch der Grund dafür ist, dass uns die wichtigen Dinge später wieder einfallen.

Die Lösung des Part-List-Cuing-Problems sind Gedächtnisstrategien, die im Prinzip jeder anwenden kann. Verbinden wir neue Informationen schon beim Einprägen stark mit den bereits vorhandenen Infos – zum Beispiel durch bildhafte Vorstellung – werden diese Informationen in unserem Gedächtnis als Einheit repräsentiert und können vollständig wieder abgerufen werden.

Auch die berühmte LOCI-Methode kann helfen, sich Informationen im Verbund vorzustellen und mit bereits bestehendem Wissen zu integrieren. Eine Kurzanleitung zur LOCI-Technik finden Sie hier (Wikipedia)

Das Wichtigste zum Schluss: Forscher sprechen von ‚funktionierendem Part-List-Cuing‘ und werten das Phänomen als Indikator für ein gesundes Gedächtnis. Der Sinn des PLC ist vermutlich, dass wir uns ohne Ablenkung auf die vorliegenden Informationen konzentrieren können.

Allerdings ist es für uns alle von Vorteil, wenn wir unser gesundes Gedächtnis von Zeit zu Zeit überlisten.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Psychologische Begriffe: Ihre Erklärung, ihr Nutzen für Sie

„Da fehlt doch noch etwas…!“ – DER ZEIGARNIK-EFFEKT


Der Kreis „drängt“ zur Abgeschlossenheit. Fast zwangsläufig fällt unser Blick auf die Lücke. Innerlich versuchen wir, „den Kreis zu schließen“ – uns vorzustellen, wie er wohl vollständig aussieht. Ein ganz normales psychologisches Phänomen. Mit großen Auswirkungen.

Die russische Psychologin Bljuma Wulfowna Zeigarnik untersuchte bereits 1927 die Nachwirkungen von unabgeschlossenen Handlungen. Ihr folgenreichstes Ergebnis: Unabgeschlossene Handlungen werden besser erinnert als abgeschlossene Handlungen!

In ihren Experimenten gab sie ihren Versuchspersonen viele kleine Aufgaben. Dann unterbrach sie die Hälfte ihrer Versuchspersonen bei der Erledigung der Aufgaben. Die andere Hälfte durfte die Aufgaben abschließen. Nach einiger Zeit befragte sie beide Gruppen, an wie viele Aufgaben sie sich jeweils erinnerten. Und obwohl sie sich für kürzere Zeit mit den Aufgaben beschäftigt hatten, erinnerten sich diejenigen weitaus besser, die die Aufgaben nicht abgeschlossen hatten!

Damit wurde experimentell gezeigt, was Sigmund Freud schon 1901 intuitiv behauptet hatte: Unerfüllte Wünsche und nicht realisierte Handlungen bleiben mit Macht im Gedächtnis zurück. Sie melden sich, stärker noch als unsere abgeschlossenen Erlebnisse, zurück. Sei es im Traum, bei freien Assoziationen oder bei den sogenannten ‚Freud´schen Versprechern‘. Kurz: Sie beschäftigen uns weiter.

Zeigarnik erklärte diesen Effekt mit der Feldtheorie Kurt Lewins, die damals sehr populär war (und wesentlich wissenschaftlicher als Freud) und heute wieder eine Renaissance erlebt. In ihr wird menschliches Verhalten als das Produkt von wechselseitigen Beziehungen zwischen Mensch und Umwelt beschrieben.

Auf Grund dieser sich ständig ändernden Beziehungen ist menschliches Verhalten dynamisch. Es existieren zu jedem Zeitpunkt Spannungen zwischen verschiedenen Person- und Umweltbereichen, die uns zu Handlungen oder Gedanken verleiten. Diese Spannungen aüßern sich uns als Bedürfnisse.

Der von Bljuma Wulfowna Zeigarnik entdeckte Zusammenhang zwischen Bedürfnissen, unabgeschlossenen Handlungen und der Macht der Erinnerung ist als „Zeigarnik-Effekt“ bekannt geworden.

Wir unterliegen diesem Effekt täglich, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Auch ein Grund dafür, dass wir uns ab und zu Zeit nehmen sollten, uns unserer Bedürfnisse und Wünsche bewusst zu werden. Was beschäftigt Sie? Was sind Ihre unabgeschlossenen Handlungen? Wie sieht Ihre persönliche Bedürfnispalette aus?

Was können Sie tun?


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer