Psychologische Begriffe: „Duchenne-Lächeln“

Lächeln ist im Vergleich zum Strom kostenfrei und wärmt auch noch das Herz.

Natürlich sind wir uns dessen bewusst und ringen jeden Tag mit einem Lächeln im Anschlag um Sympathien. Dabei gibt es täglich viele Gelegenheiten, bei denen uns eigentlich überhaupt nicht zum Lächeln zumute ist, wir es aber dennoch tun, weil die kulturellen Konventionen unsere Mundwinkel automatisch oder künstlich nach oben wandern lassen.

Vertragsverhandlungen mit Kunden, Vorstellungsgespräche, Unterhaltungen mit Fremden und Vorgesetzten gehören in diese Kategorie. FlugbegleiterInnen oder MitarbeiterInnen von Call-Centern werden im Lächeln geschult, denn die Vermittlung von Sympathie und Sicherheit gehört zu ihren Kernaufgaben.

Im Beitrag vom Dienstag, 17.8.09 berichteten wir (am Rande), dass es einen leicht zu erkennenden Unterschied zwischen echtem und unechtem Lächeln gibt. Die BBC hat einen anschaulichen Test entwickelt, mit dem auch Sie Ihre Fähigkeit überprüfen können, falsches Lächeln zu entlarven und echtes Lächeln zu erkennen. Bevor Sie weiter lesen, können Sie auf das Bild klicken und diesen kurzen Test absolvieren:


Zum Test der BBC

Welches Lächeln kam von Herzen, welches war falsch? Falls Sie den Test nicht durchgeführt haben, klären wir Sie gerne auf, wie man ein echtes von einem unechten Lächeln unterscheidet: Achten Sie auf die Augen! Denn bei einem Lächeln, das von Herzen kommt, lächelt das ganze Gesicht mit, die Augen blitzen vergnügt, die Pupillen weiten sich. Dieses Lächen wird auch ‚Duchenne-Lächeln‘ genannt, nach dem französichen Physiologen Guillaume Benjamin Amand Duchenne de Boulogne, der im 19. Jahrhundert mit elektrophysiologischen Methoden die Gesichtsmuskulatur untersuchte. Ein von der Vernunft geleitetes Lächeln beansprucht dagegen nur die Mundpartie – zumindest in unserem westlichen Kulturraum.

Models zeigen vor der Kamera meist auch ein zwar geübtes und durchaus nett anzusehendes, aber unechtes Lächeln. Weshalb wirken sie später auf den Plakaten so unwiderstehlich sympathisch? Weil das echte Lächeln künstlich redigiert wird: Die Augenpartie wird per PC verändert und die Pupillen werden vergrößert. Dadurch wirken die Models interessiert und sympathisch.

Von psychotherapeutischer Seite ist vor allem ein oft übersehener Fakt (gleichermaßen tragisch wie) interessant: Unechtes Lächeln macht auf Dauer krank!

Den Beleg dafür lieferten 2008 Psychologen der Universität Frankfurt. Sie untersuchten Stewardessen, Mitarbeiter von Call-Centern (die den ganzen Tag ins Telefon ‚lächeln‘ müssen) und Verkäufer, die auch dann lächeln mussten und Freundlichkeit bewiesen, wenn sie von Kunden und Mitarbeitern angegangen oder beschimpft worden waren. Das Ergebnis: Beruflich verordnetes Dauerlächeln setzt uns unter chronischen Stress, der sich wiederrum mittelfristig negativ auf unser Immunsystem auswirkt. Nettsein wider Willen ist also pathogen.

Falls Sie nicht gerade in einem Kontaktberuf arbeiten, der stets beste Laune von Ihnen verlangt, sollten Sie im Sinne Ihrer Gesundheit folgendes beherzigen: Zeigen Sie ruhig öfter Ihre wahren Gefühle und machen nur in Ausnahmefällen ‚gute Miene zum bösen Spiel‘ – es zahlt sich langfristig aus. Und: Suchen Sie sich Tätigkeiten und Menschen, bei denen Sie häufiger Ihr Duchenne-Lächeln zeigen können. Ganz einfach so und von Herzen.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle u.a.: Lermer, Stephan. Immunkraft. ECON Verlag

Psychologische Begriffe: ‚Burnout‘

Burnout ist ein Warnsignal an Ihren Körper und Ihre Vernunft. Es sagt Ihnen unmissverständlich: Ändern Sie etwas an Ihrer Lebensführung. Ändern Sie sie jetzt. Oder: Gehen Sie vor die Hunde.

Die Liste der Burnout-Symptome liest sich wie ein Who-is-Who der Anzeichen für eine manifeste Depression: mangelndes Interesse an beruflichen Aufgaben, Lustlosigkeit, Gereiztheit, Versagensängste, Abgeschlagensein, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Stimmungsschwankungen und körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen und Verdauungsstörungen.

Erstes für alle sichtbares Symptom ist die soziale Isolation: Rückzug von Kollegen, Freunden und Familie, weil eben ‚alles zuviel wird‘. Und man sich lieber in die Einsamkeit flüchtet oder in übermäßigen Gebrauch von Genussmitteln. Beides Eigentore. Denn gerade im Anfangsstadium des Ausgebranntseins sollte man die wenigen züngelnden Flammen nutzen, um bei anderen Menschen Feuer zu entfachen: Ehrliche, schonungslose Gespräche mit Bekannten, der Aufbau gesundheitsförderlicher Präventionsprogramme und Aktivitäten mit Freunden und Familie. Kurz: Alle Arten sozialer Unterstützung helfen, das Feuer zu schüren.

Das Gefährliche: Immer wieder werden Burnout-Symptome absichtlich ‚übersehen‘, weil man sich nicht damit abfindet, zu den Leuten zu gehören, bei denen ‚der Akku leer ist‘. Diese Einstellung ist grundlegend falsch. Akkus müssen von Zeit zu Zeit aufgeladen werden. Bei allen Menschen.

Denn Burnout-Symptome sind nichts anderes als langzeitige Folgen eines Phänomens, das nun wirklich jeder erlebt: Stress. Und obwohl unser Stressempfinden zum Großteil von unserer psychischen Bewertung abhängt, entfaltet der Stress seine zerstörerische Wirkung vor allem körperlich. Hauptbestandteil der schädlichen Stressreaktion ist das Hormon Cortisol, das Blutdruck und Blutzucker erhöht, Muskelgewebe zerstört, Fetteinlagerung begünstigt und die Bildung freier Radikale fördert, die wiederum den Alterungsprozess beschleunigen.

Was können Sie tun, um Stress und Burnout gegenzusteuern? Zunächst einmal: Stellen Sie ganz nüchtern und ohne ‚Passiert-„mir“-doch-nicht-Attitüde‘ fest, ob Sie gefährdet sind. Dazu genügen oft schon kleine Checklisten, wie diese beiden (bitte Bildausschnitt anklicken, um die Tests zu bearbeiten):

 

Würden Sie dort tatsächlich feststellen, dass Sie gefährdet sind, sollten Sie handeln.
Und zwar nicht erst morgen. Beginnen Sie jetzt.

Die besten Techniken gegen Stress und Burnout haben keine Nebenwirkungen:

Sprechen Sie sich bei einem nahe stehenden Menschen aus. Bitten Sie ihn um seine Einschätzung.
Suchen
Sie falls notwendig kurzzeitig (!) professionelle Hilfe auf, um eine Einstellungsänderung hin zu einem neuen Selbstverständnis und einem glücklicheren, erfüllteren Leben in Gang zu setzen.

Machen Sie Sport. Bewegung ist DER Killer für alle körpereigenen Substanzen, die zu den typischen Burnout-Symptomen führen. Übertreiben sollten Sie es allerdings nicht: Auch Extremsport fördert die Bildung von Stresshormonen. Moderater Sport, etwa 3 mal wöchentlich 1 Stunde Bewegung kann Wunder bewirken. Das ist keine Floskel.

Suchen Sie bewusst Entspannung. Jeder Mensch entwickelt seine eigene Entspannungstechnik. Was liegt Ihnen? Yoga, bewusstes Nichtstun und Nichtsdenken, Qui-Gong, Autogenes Training, Musik hören und sich darin verlieren, Musik spielen, Meditation, Beten, Progressive Muskelrelaxation und Biofeedback sind die am besten wissenschaftlich abgesicherten Entspannungsformen. Was liegt Ihnen?

Wichtig bei alldem ist zu begreifen, dass Burnout kein Zeichen von persönlicher Schwäche ist. Es ist eine medizinisch begründbare Krankheit. Ihre Ursache: Unsere evolutionär bedingten Stressreaktionen, die nicht zum ständigen Stress unserer westlichen Leistungsgesellschaft passen. Ziel einer jeden Burnout-Therapie ist es daher, seine persönlichen Stressoren zu erkennen und sie aufzulösen. Start: heute.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Psychologische Begriffe: ‚Carpenter-Effekt‘ – mit Selbst-Test!

„Mensch, brems endlich!“ – Kennen Sie Beifahrer, die immer mitbremsen?

Sie unterliegen einem interessanten psychologischen Effekt, den der englische Arzt und Naturwissenschaftler William B. Carpenter erstmals 1852 beschrieb: Nehmen wir eine Bewegung oder eine handlungsrelevante Situation war (Stau-Ende!, Bremslichter!), dann spüren wir bewusst oder unbewusst einen Hang dazu, die entsprechenden Bewegungen auszuführen.

Ein anderes Beispiel: Im Kino wird eine rasante Achterbahnfahrt aus der Perspektive der Fahrenden gezeigt. Beobachten Sie die Leute um Sie herum, wenn es in den Looping geht: Fast jeder macht kleine Bewegungen mit Gesicht und Körper mit – ganz so, als würde er sich selbst festhalten müssen. Manche gehen sogar richtig mit und lehnen sich etwas nach links oder rechts.

Im Beitrag vom 20.7.09 berichteten wir über Spiegelneurone – die neurophysiologischen ‚Auslöser‘ dieser unwillkürlichen Bewegungen. Wir zeigten auch, dass man nicht jede Bewegung, die man sich vorstellt (oder wahrnimmt), automatisch ausführt (oder kopiert), weil ein bewusster Hemmmechanismus uns davon abhält, auf das virtuelle Bremspedal vor dem Beifahrersitz zu treten.

Doch dieser Hemmmechanismus ist nicht perfekt – und so wird dem Carpenter-Effekt die Tür geöffnet.

Viele esoterische Phänomene, die zunächst Staunen hervorrufen, verlieren ihre Faszination, wenn man den Carpenter-Effekt berücksichtigt.
Bei vielen Wünschelrutengängern bewirkt zum Beispiel der unbewusste Gedanke daran, dass sich die Wünschelrute an einem bestimmten Ort bewegen könnte, dass sich das Verhalten der Armmuskeln unmerklich verändert – feststellbar nur an der Position der Wünschelrutenspitze. Was dann auf die falschen Ursachen zurückgeführt wird. Auch Pendeln und Gläserrücken funktioneren erwiesener Maßen nach dem Carpenter-Prinzip. Und nicht auf Grund irgendeiner höheren Macht.

Genau genommen ist der Carpenter-Effekt nur ein Spezialfall des sogenannten „Ideomotorischen Gesetzes“ (auch als ideomotorisches Prinzip bezeichnet). Es umfasst neben dem Carpenter-Effekt das ‚Ideo-Real-Gesetz‘, das Gefühlsansteckung (zum Beispiel im Kino), Mimik, Suggestion und Hypnose mit einschließt.

Genutzt wird das ideomotorische Prinzip vor allem in der Psychotherapie – bei Entspannungsübungen und im Autogenen Traning. Unter professioneller Anleitung wird hier gelernt, sich wirksam selbst zu beeinflussen, ruhig zu werden, Stress abzubauen. Dabei steht die intensive Vorstellung im Mittelpunkt, zur Ruhe zu kommen. Was dann auch wirklich passiert.

Zum Schluss ein einfacher Test zur Überprüfung des Effekts: Nehmen Sie sich ein Pendel zur Hand. Dieses Pendel kann wahrsagen! Halten Sie es mit der linken Hand in der Luft. Ihre rechte Hand befindet sich unterhalb des Pendelgewichtes. Das Pendel wird nun ja-nein-Antworten geben, und zwar folgender Maßen: Wenn Sie ihm eine Frage stellen, wird es nach einiger Zeit anfangen, sich zu bewegen: Wenn die Antwort ’nein‘ lautet, wird es hin und her schwingen. Lautet die Antwort ‚ja‘, wird es anfangen zu kreisen. Hin und her für ’nein‘, kreisen für ‚ja‘. Bewegen Sie NICHT ihre Finger! Alles klar? Viel Spaß!

Zur Überprüfung: Nehmen Sie das Pendel zur Hand und denken Sie über längere Zeit: nein nein nein nein nein…. Bewegt sich das Pendel hin und her, selbst wenn Sie Ihre Finger nicht bewegen? Was passiert, wenn Sie statt dessen ‚ja ja ja ja ja…‘ denken? Sehen Sie…

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Psychologische Begriffe: „Spiegelneuronen“

Warum sind wir Menschen so speziell?

Ungleich jeder anderen Art auf diesem Planeten können wir sprechen, Werkzeuge herstellen, abstrakte Ideen zeichnen und formulieren und vor allem: Scheinbar die Gedanken anderer Menschen und Tiere lesen. Und so deren Verhalten vorhersagen.

„Theory of Mind“ – „Mentalisierung“ nennen Psychologen unsere Fähigkeit, die Gedanken anderer zu erraten, indem wir deren Verhalten beobachten. Ein Beispiel: Susi greift in eine leere Keksdose. Was denkt Susi wohl? Wir nehmen an, dass Susi ein Keks essen will. Und wir nehmen an, dass Susi glaubt, Kekse in der Dose zu finden. Das ist die eigentliche „Theory of Mind“-Leistung: Zu erkennen, was Susi denkt. Nur Primaten und einige Vogelarten sind überhaupt dazu fähig.

Der Mensch wiederum ist das einzige Lebewesen, das seine Annahmen über die Gedanken anderer auch noch an Dritte kommunizieren kann.

Eine der interessantesten Fragen in diesem Zusammenhang ist: Wie funktioniert das ‚Gedankenlesen‘ eigentlich? Und in diesem Zusammenhang: Warum können wir nicht nur Absichten erraten, sondern auch mitfühlen, mitleiden und andere imitieren?

Wie bei vielen großen Entdeckungen, brachte ein Zufall die Hirnforschung auf die Spuren der Theory of Mind: Anfang der 90er Jahre gaben italienische Forscher einem Affen eine Erdnuss. Daraufhin begannen Nervenzellen im Gehirn des Affen zu „feuern“, die für Bewegung zuständig waren, obwohl der Affe nicht einmal einen Finger gerührt hatte. Die Forscher waren fasziniert und wiederholten das ‚Experiment‘.

Und es wurde noch besser: Sie bemerkten, dass dieselben für zielgerichtete Bewegungen zuständigen Nervenzellen aktiv wurden, wenn der Affe eine Erdnuss an andere verteilte, als auch dann, wenn er selbst die Bewegung nur beobachtete! Diese Nervenzellen nannten die Forscher „Spiegelneurone“.

Im menschlichen Gehirn findet man sie in vielen Regionen, besonders aber in den für bewusste Bewegungen und Handlungsplanung zuständigen Gebieten (‚Prämototischer Kortex‘ und ‚inferiorer parietaler Kortex‘).

Dass der Affe sich nicht bewegte, obwohl bewegungsrelevante Neuronen aktiv waren, lag an einem vergleichsweise simplen ‚Hemmmechanismus‘ im Gehirn. Er wird automatisch aktiv, wenn wir eine Bewegung nur sehen und nicht ausführen wollen. Dass dieser Mechanismus nicht immer vollständig funktioniert, können Sie selbst in einem kleinen Experiment testen: Geben Sie einer befreundeten Person in einer Gruppe von Menschen ein Glas mit ‚Wasser‘, in das Sie den Saft einer ganzen Zitrone gepresst haben. Teilen Sie das den anderen Personen vorher mit und Sie werden beobachten, dass sich ihre Gesichter verziehen, sobald Ihr ‚Opfer‘ das Glas an den Mund setzt – ganz so, als würden sie die Zitrone selbst schmecken.

Das Ergebnis der Beobachtung mag zunächst nicht sehr spannend klingen, aber die theoretischen und praktischen Auswirkungen waren gewaltig: Endlich hatte man eine physiologische Erklärung dafür gefunden, wie das Lernen komplexer Abläufe funktioniert: Sprache, Sport oder bestimmte Rituale müssen wir uns zunächst von anderen abschauen oder hören, bevor wir eine Vorstellung davon entwickeln und bevor wir sie selbst ausführen können. Die Grundlage für all das liefern uns die Spiegelneurone.

In diesem kleinen Video (Anklicken führt Sie zu Youtube) erfahren Sie weitere Interessante Informationen über Spiegelneurone:

Wie wichtig diese Nervenzellen für uns sind, zeigt sich dann, wenn wir psychische Krankheiten betrachten, bei denen ihre Funktion eingeschränkt ist:

Autisten fehlt oft Empathie, Mitgefühl und die Fähigkeit, andere imitieren zu können. Wir sagen: sie leben in ihrer ‚eigenen Welt‘. Vieles spricht dafür, dass die Signalübertragung ihrer Spiegelneuronen nicht adäquat gesteuert wird.

Bei Schizophrenie, Alzheimer und anderen gravierenden organisch bedingten Krankheiten des Gehirns beobachtet man oft, dass die Betroffenen im Gespräch Gestik und Mimik ihrer Gesprächspartner fast zwangsweise imitieren. Die Patienten können auch nicht anders, denn bei ihnen ist der Hemmmechanismus außer Kraft gesetzt, der bei gesunden Menschen bewirkt, dass die Aktivität der Spiegelneuronen unterdrückt wird.

Von medizinischer und psychologischer Seite wird deshalb viel Engagement in die Forschung mit Spiegelneuronen gesetzt. Anthropologen und Sprachwissenschaftler versuchen aus neuen Erkenntnissen über diese gehemnisvollen Nervenzellen zu entschlüsseln: Wie die menschliche Evolution abgelaufen ist, wie Lernen und Imitation funktioniert – und was uns Menschen so besonders macht.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Rizzolatti, G. (2006). Mirrors in the mind. Scientific American, 295 (5), pp. 30-37

Psychologische Begriffe: ‚Flow‘

Selbstvergessenes Aufgehen im Tun. Ein Gefühl von länger dauerndem Glück, das man selbst kontrollieren kann. Die optimale und zutiefst erfüllende menschliche Erfahrung, vollkommen in einer Tätigkeit aufzugehen.

So charakterisiert Dr. Mihaly Csikszentmihaly (sprich: ‚Tschick-sent-michai‘), rennommierter Forscher an der University of Chicago das Phänomen ‚Flow‘, das er seit vielen Jahrzehnten erforscht. ‚Unser Fühlen, Denken und Wollen sind in diesen Augenblicken in Übereinstimmung. Wir verlieren das Gefühl für die Zeit und für die Dinge um uns herum. Kurz: Alles fließt.‘

Fast jeder Mensch hat dieses Gefühl schon einmal erlebt: Im Sport, wenn alles plötzlich wie von selbst ‚läuft‘. Im Gespräch mit Freunden über ein interessantes Thema, für das sich alle begeistern können. Bei der Arbeit, wenn die Anforderungen der Aufgaben genau Ihren Fähigkeiten entsprechen und Sie sich sicher sind, Ihr Ziel zu erreichen und dass niemand auch nur annähernd jetzt diese Arbeit so gut leisten könnte wie Sie.

Wie aber kommt man dort hin? Csikszentmihalys umfangreiche empirische Forschungen zeigen, dass man immer dann Flow erlebt, wenn man sich optimal angepassten Herausforderungen stellt. Und wenn man durch die anfallenden Aufgaben intrinsisch motiviert wird. Das bedeutet, dass man die Aufgaben um ihrer selbst Willen ausführt: man hat einfach Spaß an der gerade ausgeführten Tätigkeit.

Passen die Handlungs- oder Tätigkeitsanforderungen nicht optimal mit den eigenen Fähigkeiten zusammen, so entsteht Angst (falls die Anforderungen die Fähigkeiten übersteigen) oder Langeweile (falls die Herausforderung zu gering ist).

Zwei Befunde ziehen sich durch alle Untersuchungen zum Thema Flow:
1. In diesem Zustand des optimalen Eingebettetseins in die Arbeit ist man wesentlich produktiver. Eine WinWin-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Glück und optimale Leistung.
2. Nach dem Flow-Gefühl versuchen viele, erneut in diesen Genuss zu kommen. Meist steigen aber mit erfolgreich gelösten Herausforderungen auch die eigenen Kompetenzen. Deshalb setzt man sich automatisch höhere Ziele, um wieder Flow erleben zu können. Selbstentwicklung und Selbstmanagement leicht gemacht, quasi wie im Trance-Zustand.

Flow ist ein vielversprechendes Mittel zur Steigerung der Arbeitsmotivation. Mit Gewinnen auf allen Seiten. Und vielen positiven Nebenwirkungen.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Psychologische Begriffe: ‚Resilienz‘

Psychologische Begriffe: ‚Resilienz‘

Warum gehen manche Menschen offensichtlich spielerisch mit den kleinen Unannehmlichkeiten des Alltags um, während andere von Kleinigkeiten dauergestresst werden? Warum tragen manche Menschen schwere Rückschläge mit Würde und erholen sich verhältnismäßig schnell davon, während andere lange Zeit danach noch schwer beeinträchtigt sind? Und warum federn manche Menschen Stress einfach ab, während andere ihn geradezu zu fressen scheinen?

Wenn verschiedene Menschen in ähnlichen Situationen mit ähnlichen Stress auslösenden Dingen ganz unterschiedlich umgehen, führen das Psychologen meist auf eine ganz bestimmte Eigenschaft zurück: Ihre Resilienz.

Resilienz bedeutet in etwa ‚Stresskompetenz‘ und beschreibt die Fähigkeit eines Menschen, Stress auszuhalten und nicht daran zu zerbrechen – etwa psychische Leiden zu entwickeln oder konstant schlechte Stimmung zu haben und zu verbreiten. Resilienz bedeutet auch: Effektive und durchdachte Strategien gegen den Stress zu betreiben, obwohl man mit harten Zeiten, Verlusten oder chronischen Belastungen konfrontiert ist.

Um die zwei Pole der Resilienz zu verdeutlichen, hilft ein Vergleich zwischen Gusseisen und Schmiedeeisen: Gusseisen ist starr, hart, spröde und bricht leicht. Schmiedeeisen dagegen ist weich, anpassungsfähig und flexibel – deshalb auch das Bild, das Resilienz am besten beschreibt: ‚Zurückfedern‘ (engl. ‚bounce back‘) von Stress.

Die Charakteristika resilienter Menschen sind entsprechend:

  • Die Fähigkeit, Stress abzufedern und sich von beinahe allem rasch zu erholen
  • Die Einstellung: ‚Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg‘
  • Die Einstellung, Probleme als Herausforderungen zu begreifen
  • Durchhaltevermögen
  • Die Fähigkeit, Gelegenheiten zu erkennen und wahrzunehmen
  • Ein festes System aus Werten und Glaube
  • Ein Netzwerk aus Menschen, die soziale Unterstützung gewähren
  • Ein breites Repertoire an Strategien, um mit Stress umzugehen

Das beste daran: Insbesondere die neuere Forschung zeigt, dass Resilienz kein ‚Glücksfall‘ ist, sondern im Gegenteil in hohem Grade trainierbar, weil erfahrungsbasiert. Das Ziel ist, die eigene Stresskompetenz zu erhöhen und den Umgang mit Stress zu optimieren. Denn Stress und kritische Lebensereignisse können nicht nur durch nachträgliches Problemlösen äußerlich aufgearbeitet werden, sondern müssen und können auch emotional mit geeigneten Strategien verarbeitet werden.

Dazu kommen viele präventive Maßnahmen: Unter anderem der Aufbau positiver sozialer Beziehungen, die Entwicklung einer positiven, wohlwollenden Lebenseinstellung, der Aufbau von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und die Fähigkeit, genießen zu können.

In unseren Trainings und Coachings nimmt Resilienz deshalb einen zentralen Platz ein. Wir vermitteln Resilienz nachhaltig, über ein umfassendes Modell der Stressbewältigung:

Grafik Stressresilienz

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle u.a.: Tugad

e, M, Fredrickson, B (2004). Resilient individuals use positive emotions to bounce back from negative emotional experiences. Journal of Personality and Social Psychology,86 (2), pp. 320-333