Psychohygiene beim Sprechen: Wörter können Schmerzen verursachen

Jeder kennt wahrscheinlich die Situation beim Arzt. Kurz bevor man die Spritze bekommt, diese  Warnung: „Das pikst jetzt kurz.“. Doch was bewirkt das im Gehirn?

Forscher der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben 2010 untersucht, was Wörter, die wir mit Schmerz verbinden, in unserem Gehirn auslösen. Dazu haben sie den Versuchspersonen zwei unterschiedliche Aufgaben gestellt und währenddessen mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) die Gehirnaktivität aufgezeichnet. Bei der ersten Aufgabe ging es darum, sich zu schmerzbesetzten Wörtern eine entsprechende Situation vorzustellen. Bei der zweiten Aufgabe bekamen die Probanden eine ablenkende Denkaufgabe, während sie die Schmerz-Wörter hörten. Damit die Ergebnisse nicht auf allgemein negativ besetzte Wörter zurückzuführen sind, haben die Forscher dazwischen andere Wörter wie „angsteinflößend“ oder „widerlich“ eingebaut, die keine direkte Verbindung zu Schmerz haben.

Die Ergebnisse waren eindeutig. Während die schmerz-assoziierten Wörter bei beiden Aufgaben deutlich die Areale im Gehirn aktivierten, die auch durch Schmerzzufuhr aktiviert werden, wurden diese Bereiche durch die anderen negativ besetzten Wörter nicht angeregt. Daraus kann man folgern, dass die verbalen Reize in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen sind. Die Wissenschaftler wollen weiter in diese Richtung forschen und sind jetzt dabei zu untersuchen, inwiefern die ständige Kommunikation mit den Ärzten über die Schmerzen bei chronisch kranken Patienten zu einer Verstärkung der Schmerzen führt.

 

Quelle: Richter M., Eck J., Straube T., Miltner WHR, Weiss T. Do words hurt? Brain activation during explicit and implicit processing of pain words. Pain. 2010;148(2):198-205.

Autsch! Verlust von Geld kann schmerzhaft sein

Wer sich noch an Walt Disney’s Lustige Taschenbücher erinnert, hat jetzt vielleicht den guten alten Dagobert Duck vor Augen: Nach finanziellen Verlusten ist der wahlweise erst einmal ‚krank‘, zieht sich zurück oder krümmt sich, als ob er Schmerzen hätte.

Was im Comic überzogen dargestellt ist, kommt in milderer Form in der Realität allerdings auch vor. Wissenschaftler vom University College London beobachteten Versuchsteilnehmer, die in einem Wett-Spiel Geld verloren. Sie benutzten dazu fMRI (funktionelle Magnetresonanztomographie). Mit diesem röntgenähnlichen Verfahren konnten Sie den Gehirnen der Probanden bei der ‚Trauerarbeit“ zusehen.

Sobald die Teilnehmer einen Verlust erlitten hatten oder einen drohenden Verlust kommen sahen, wurden Hirnregionen aktiv, die auch bei körperlichem Schmerz und psychischer Trauer vermittelnd eingreifen. Diese Areale sitzen tief im Gehirn und erkennen Schmerz und Verlust bereits bevor diese Zustände uns überhaupt als Gefühle bewusst werden, ja sogar bevor wir überhaupt einen Verlust erleiden. Die Forscher um Ben Seymour vermuten deshalb, dass wir Schmerz und Angst in diesem frühen Zustand unterdrücken können, so dass wir noch handlungsfähig bleiben. Eventuell sogar, um drohenden Verlust zu vermeiden.

In weiteren Studien erhoffen sich die Forscher Aufschlüsse über die Entstehung von Spielsucht und unkontrollierbarer Angst vor drohenden Verlusten.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Ben Seymour, Nathaniel Daw, Peter Dayan, Tania Singer, Ray Dolan
(2007). Differential encoding of losses and gains in the human striatum.
Journal of Neuroscience. 27(18):4826-31.

Nimm mir den Schmerz!

Lebenspartner sind gerade in schweren Stunden unsere wertvollste Ressource. Sie stehen uns bei, spenden uns Trost, nehmen uns den Schmerz. Und nicht nur den psychischen – wenn einmal wieder etwas schief gelaufen ist, wir irgendwo unseren eigenen Ansprüchen nicht gerecht geworden sind, jemand uns verletzt, gedemütigt oder übervorteilt hat. Unsere Lebenspartner sind mehr als alles andere auf der Welt (ausgenommen Schmerzmittel vielleicht) dazu fähig, auch unsere physischen Schmerzen zu lindern.


Das zeigten jetzt eindrucksvoll Psychologen um Sarah Master von der University of California in Los Angeles. Sie baten Paare zu einem heiklen Experiment ins Labor: Den Frauen wurden unter verschiedenen Bedingungen (langfristig harmlose) Schmerzreize verabreicht: Einmal hielten die jeweiligen Partner dabei ihre Hand oder sie durften ein Bild ihres Partners ansehen. In anderen Bedingungen hielt der männliche Versuchsleiter ihre Hand oder sie sahen ein Porträt eines fremden Mannes, der ihrem eigenen Partner entfernt ähnlich sah. In weiteren drei Bedingungen hielten die Frauen während des Schmerzes einen Quetschball, sahen Objekte auf einem Computerbildschirm oder einfach gar nichts.

Das Ergebnis: Einzig in den beiden Bedingungen, in denen der Partner physisch anwesend war oder sie sein Gesicht betrachteten, fühlten die Frauen weniger Schmerzen. Kein anderer Mann und kein sonstiger Reiz war also in der Lage, sie so gut von ihren Schmerzen abzuhalten wie ihr Partner das konnte – einfach indem er ‚für sie da war‚.

Sarah Master und ihre Kollegen vermuten, dass die Bilder und die physische Anwesenheit der Partner mentale Konstrukte aktivieren, die den Frauen ein Gefühl von Unterstützung, Geliebtwerden und Sicherheit vermitteln. Soziale Unterstützung ist generell wichtig, wenn schlimme Lebensereignisse, Stress oder Schmerzen bekämpft und verarbeitet werden sollen. Sich an nahe Bezugspersonen zu wenden, wenn es einem schlecht geht, ist kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil: Es ist eine wirkungsvolle Strategie, um effektiv mit negativen Dingen fertig zu werden.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Master, SL et al. (2009). A Picture’s Worth. Partner Photographs Reduce Experimentally Induced Pain. Psychological Science, 20, 1316-1318