Coaching: Wetter ist der Smalltalk-Hit Nummer eins

Dr. Stephan Lermer erklärt mit einem Meteorlogen, weshalb wir uns so gerne mit Regen, Sonnenschein und der Wettervorhersage beschäftigen:

„Ob dieser Winter wohl jemals enden wird?“ Ein Satz, und schwuppdiwupp stecken Sie mitten in einem Gespräch über den Wintervergleich der letzten vier Jahrzehnte. „Es mag abgedroschen klingen, aber Wetter ist immer noch der Smalltalk-Hit Nummer eins“, erzählt Dr. Stephan Lermer, Psychotherapeut und Kommunikationstrainer aus München aus seiner Praxiserfahrung.

Wetter tangiert praktisch jeden von uns

Aber warum ist das so? Dafür gibt es mehrere Erklärungen. Zum einen interessiert die Wetterlage praktisch jeden von uns. Das Gartenfest macht bei 30 Grad Celsius und Sonne mehr Spaß als bei kaltem Nieselregen. Der Skiurlaub klappt nur mit Schnee. Der Bauer braucht Regen für seinen Anbau. Und wenn die Sonne scheint, dann steigt bei fast allen Menschen die Laune. „Die Leute lächeln, unterhalten sich am Gartenzaun, die Kinder können raus zum Spielen“, zählt der Psychotherapeut Beispiele auf.

Der Wetter-Plausch ist auch ein super Eisbrecher: Peinliches Schweigen im Aufzug? „Am Wochenende soll’s ja wieder schön werden.“ Und schon löst sich die zähe Situation. Wetterprognosen kann man sogar ohne Bedenken mit dem Chef austauschen, denn Wetter ist sexismusfrei, politikfrei und Religion spielt hier auch keine Rolle.

Die Macht des Wetters

Ein weiterer Punkt: Das Wetter hat Macht über uns. „Wir können unser Aussehen beeinflussen, unsere Urlaubsplanung, unsere Jobsituation und mit wem wir uns verabreden. Aber wir sind machtlos, ob die Sonne scheint oder nicht“, erklärt Lermer. Das ist ungewohnt, also wird darüber geredet. Um mit der Machtlosigkeit besser klarzukommen, neigen wir Menschen dazu, die Wetterlage zu personifizieren: „Petrus meint es nicht gut mit uns!“ So hat man einen Schuldigen auf den man gemeinsam schimpfen kann.

„Um über das Wetter zu reden, ist keine spezielle Vorbildung nötig“, zählt Diplom-Meteorologe Thomas Dümmel einen weiteren Vorteil unseres Lieblingsthemas auf. „Jeder kann sagen, ob er die momentane Wetterlage mag oder nicht, und somit mitreden“, so der Experte vom Institut für Meteorologie an der Freien Universität (FU) Berlin.

Das Hoch „Sophie“

Seit 2002 kann man sich bei Dümmel und seinen Kollegen Hoch- und Tiefdruckgebiete kaufen. Die tragen dann einen gewünschten Namen. Erlaubt sind allerdings nur normale Menschennamen. „Hoch Sophie“ geht, „Tief München“ funktioniert nicht. Mit dem Geld finanziert die FU Berlin zum Teil die Wetterstation. Ob die Hochs weibliche oder männliche Namen bekommen, wechselt jedes Jahr. 2013 tragen die Hochs zum Beispiel Frauennamen.

Wer übrigens denkt, dass die meisten Menschen nur Hochs kaufen möchten, der irrt sich: „Einem echten Wetterfreak schenkt man lieber ein Tief. Da ist doch viel mehr los. Blitze, Donner, Regen und Sturm. Ein Hoch ist viel langweiliger“, erklärt der Meteorologe.

Ob Sie nun lieber Sonnenschein mögen oder ein ordentliches Gewitter – für den nächsten Smalltalk dürften Sie gewappnet sein.

[Autorin: Sophie Schöninger / www.apotheken-umschau.de; 04.04.2013]