Spezial zu Partnerschaft und Ehe: Konfliktstile: Gefahren und Chancen für die Partnerschaft

Der Umgang mit Konflikten ist ein entscheidender Faktor für die Entwicklung einer Partnerschaft. Der richtige Umgang mit ihnen kann zum erfreulichen Gelingen, der falsche jedoch unweigerlich zum fatalen Scheitern führen. Wie geht man nun mit Konflikten richtig um? Psychologische Studien offfenbaren, dass diese Frage stets individuell und zusätzlich nur zusammen mit dem/der PartnerIn beantwortbar ist.

Keine zwei Menschen ticken zu hundert Prozent gleich. Beim Zusammenleben sind daher Meinungsverschiedenheiten, kleinere und größere Reibereien sowie Streit geradezu unvermeidbar. Selbst dann, wenn man die gleichen Ziele, Werte und Träume teilt. Das Aufkommen eines Konflikts ist nicht gleichbedeutend mit dem drohenden Ende einer Partnerschaft – hier ist jedoch entscheidend, wie beide Partner damit umgehen. Dafür gibt es keine Patentlösung, die für alle gelten könnte. Psychologen der Universität Washington untersuchten in Langzeitstudien verschiedene Konfliktstile und deren Auswirkungen auf die Partnerschaft.

 

Drei markante Stile, wie Konflikte ausgetragen werden: Validators, Volatiles und Avoiders

Die Forschungsarbeit von Dr. Janice Driver und ihren Kollegen der Universität in Washington, in der über 300 Paare regelmäßig befragt wurden, ergab zunächst drei Stile, in denen Konflikte innerhalb von Partnerschaften ausgetragen werden. Sie beschreiben sie als Validators, Volatiles und Avoiders.

Bei Validators (engl. to validate: anerkennen, bestätigen, für gültig erklären) tauchen Meinungsverschiedenheiten grundsätzlich selten auf. Wenn beide ein Konfliktpotential erkennen, sprechen sie es offen und respektvoll an und sind dann schnell kompromissbereit. Sie akzeptieren die Emotionen und Ansichten ihres Partners, engen einander nicht ein und zeichnen sich durch starken gegenseitigen Respekt aus.

Bei Volatiles (engl. volatile: explosiv, brisant, verfliegend) dagegen geht es oft heiß her. Sie tragen ihre Konflikte mit Eifer aus, engagieren sich stark und leidenschaftlich. Diese Leidenschaftlichkeit zeigt sich aber nicht nur in Konfliktsituationen: Sie sind damit auch in der Lage,  ihre Wärme und Zuneigung füreinander sehr deutlich auszudrücken. So schaffen sie es, die negativen Emotionen, die während eines Konflikts entstehen, im Alltag wieder auszugleichen. Für sie ist es vorrangig wichtig, in jeder Situation deutliche Worte zu finden, und das erwarten sie auch von ihrem/r PartnerIn. So begegnen sie einander – auch während eines heftigen Streits – konsequent auf Augenhöhe.

Avoiders (engl. to avoid: vermeiden, umgehen, sich enthalten) jedoch vermeiden Konflikte, wo immer es möglich ist. Sie minimieren ihre Probleme, betonen positive Aspekte und blenden negative aus, um ja keine Konflikte entstehen zu lassen und den Alltag möglichst harmonisch zu gestalten. Entstehen dennoch Probleme, die sich nicht ad hoc lösen lassen, dann einigen sie sich lieber darauf, sich nicht einigen zu können, statt sich zu streiten („let’s agree to disagree“).

 

Der richtige Umgang mit Konflikten: Die gleiche Augenhöhe ist wichtig

Betrachtet man die drei Konfliktstile, die Dr. Driver und ihre Kollegen beschreiben, findet man sich gar selbst in einem davon wieder, stellt sich die Frage, welcher dieser Stile denn nun der Beste sei. Andersherum betrachtet: Welcher Stil mag für eine Beziehung am wenigstens förderlich sein?

Dr. Driver und ihre Kollegen gingen zunächst von der Annahme aus, dass vor allem Avoiders, Menschen also, die Konflikte möglichst immer vermeiden möchten, im Alltag schlechte Chancen haben, ihre Partnerschaft dauerhaft glücklich zu gestalten. So waren die Forscher sehr überrascht, als ihre Ergebnisse diese Vermutung nicht bestätigten. Im Gegenteil: Keiner der beschriebenen Konfliktstile zeigte sich als besonders vorteilhaft oder ungünstig (!).

Nicht der Konfliktstil selbst entscheidet also über Erfolg oder Scheitern einer Partnerschaft, sondern die Tatsache, dass die gleiche Art, mit Konflikten umzugehen, für beide Partner funktioniert. Nur so sind Begegnungen auf Augenhöhe möglich. Genau das ist aber entscheidend. Eine Person, die Konflikte lieber ganz vermeidet, wird mit jemandem, der gern leidenschaftlich streitet, kaum zurecht kommen. Jemand, der das Bedürfnis hat, Unstimmigkeiten sofort anzusprechen, wird Vermeidungsverhalten seines/r PartnerIn womöglich als Desinteresse missinterpretieren. Ein Mensch, der all seine Gefühle leidenschaftlich auszudrücken gewohnt ist, wird in jemandem, der sofort versucht, Kompromisse zu finden, kein adäquates Gegenüber finden.

Fazit: Der gleiche Konfliktstil muss also für beide Partner passen.

 

Die Forschungsergebnisse, die in dem Blog-Spezial zu Ehe und Partnerschaft präsentiert wurden, lassen deutlich erkennen: Weder die Anzahl der Konflikte noch der Konfliktstil bringt eine Beziehung zum Scheitern. Vielmehr ist es die Art, wie beide mit Konflikten umgehen. Und jede Form von Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten muss anschließend durch positive Interaktionen im Alltag wieder ausgeglichen werden. Gerade der gemeinsame Alltag zählt: Respekt und Zuneigung, die beide im alltäglichen Umgang miteinander zeigen, sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren einer Partnerschaft. Nur damit kann eine Partnerschaft auf Dauer glücklich gestaltet werden.

 

 

Quellen:
Driver, J., Tabares, A., Shapiro, A., Nahm, E. Y., Gottman, J. (2003). Interactional patterns in marital success and failure: Gottman laboratory studies. In F. Walsh (Ed.) Normal family process: Growing diversity and complexity (3rd ed., pp. 493-513) New York: Guilford Press.

Spezial zu Partnerschaft und Ehe: Die Gefahren des Alltags

In Respekt und Zuneigung während des alltäglichen Umgangs miteinander scheint tatsächlich das Geheimnis einer dauerhaft glücklichen Paarbeziehung zu liegen. Das bestätigen viele wissenschaftliche Untersuchungen unabhängig voneinander. Doch was lässt dennoch viele Paare im Alltag Schiffbruch erleiden? Aus Studien, in denen Ehepaare über lange Zeit beobachtet und befragt wurden, können nun spezifische Verhaltensweisen abgeleitet werden, die ein Scheitern der Ehe vorhersagen.

Trennung und Scheidung sind schon lange keine Seltenheit mehr: Fast die Hälfte der in Deutschland geschlossenen Ehen werden bereits nach wenigen Jahren wieder geschieden. Fragt man nach den Gründen, hört man oft die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Sicher: materielle Abhängigkeit und Ansehensverlust zwingen heute immer seltener dazu, deshalb zusammen zu bleiben. Wurden Ehen aber früher aus diesen Gründen aufrecht erhalten, bedeutete das noch lange nicht, dass die Partner auch glücklich miteinander waren. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sind die Partner noch davon überzeugt, dass ihre Beziehung Zukunft haben wird. Wo aber liegt der Unterschied zwischen Paaren, die es schaffen, dauerhaft miteinander glücklich zu sein und solchen, die schon nach kurzer Zeit scheitern? Forscher der Universität in Washington entdeckten Verhaltensweisen, anhand derer sie diesen Unterschied erkennen können.

 

Die vier Vorboten des Scheiterns

Dr. Janice Driver und ihre Kollegen der Universität in Washington trugen Ergebnisse aus dreißig Jahren Forschung zusammen, in denen über 300 Paare regelmäßig befragt wurden. Durch die Auswertung dieser Ergebnisse konnte das Forscherteam spezifische Verhaltensweisen ausmachen, die sie als die „Vier Vorboten des Scheiterns“ bezeichneten. Ihre Ergebnisse lassen erkennen, dass eine Scheidung mit 94%-iger Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden kann, wenn alle dieser Vorboten bei den Partnern zu erkennen sind.

 

Persönliche Kritik

Persönliche Kritik, die global und als persönlicher Angriff formuliert wird, ist der erste dieser „Vorboten“. Das bedeutet nicht, dass man alles hinnehmen muss, was am Verhalten des Partners/der Partnerin stört. Konstruktives Feedback jedoch und sachliche Kritik wirken sich auf die Paarbeziehung auf Dauer stets positiv aus. Insbesondere, wenn sie nicht auf die gesamte Persönlichkeit, sondern auf spezielle Verhaltensweisen abzielen. Ist Kritik aber als Anschuldigung formuliert („Du bist so vergesslich!“) und beinhaltet sie globale Formulierungen wie „immer“ oder „nie“, führt sie zu einer Eskalation der negativen Emotionen, und die Partnerschaft nimmt langfristig Schaden.

 

Geringschätzung

Geringschätzende Bemerkungen, Sarkasmus, beißender Spott oder Beleidigungen tun keiner Beziehung gut. Sie sind das Gegenteil von Respekt und Zuneigung, den Qualitätsfaktoren guter Beziehungen. Stattdessen stehen sie für Empörung, Abscheu und Verachtung gegenüber dem Partner. Gleichzeitig verhindern sie die Chance zu versöhnlichen Schritten nach einem Streit. Taucht also dieser „Vorbote“ in einer Beziehung auf, ist diese stark gefährdet.

 

Rechtfertigung

Sich bei einer Anschuldigung oder selbst bei einem konstruktiven Feedback zunächst zu rechtfertigen ist ein weit verbreiteter Automatismus. Fatalerweise bewirken gerade Rechtfertigungen die Eskalation negativer Gefühle. Dr. Driver und ihre Kollegen raten daher, statt auch noch direkt zum Gegenangriff überzugehen und sich damit vor Angriffen und persönlicher Verantwortungsübernahme abzuschirmen, die Argumente des Gegenübers erst einmal anzuhören und sich damit vorzustellen zu können, wie sich der Partner gerade fühlt.

 

Abblocken

Manche Menschen tendieren dazu, bei einem Streit irgendwann „abzuschalten“: In der Hoffnung, der Partner werde sich bald wieder von allein beruhigen, versuchen sie sich zu schützen, indem sie gar nicht mehr zuhören, dem/der PartnerIn nicht mehr in die Augen schauen und weder verbal noch nonverbal reagieren. Ab diesem Moment ist selbst konstruktive Kritik wirkungslos, verpufft. Eine solche Situation fordert von beiden Partnern Fingerspitzengefühl: Abblocken gilt nicht, allein der Anstand gebietet es, seinem Partner weiterhin zumindest zuzuhören. Geht auch das nicht, ist es zielführender, wenn der Souveränere von beiden dieses situative Kommunikationsdesaster als solches erkennt und vorschlägt die Diskussion vorerst besser zu vertagen.

 

Der Umgang mit Konflikten erweist sich als ein entscheidender Faktor, der zum Gelingen, aber auch zum Scheitern einer Partnerschaft führen kann. Sollten Konflikte daher besser vermieden werden, um den Alltag möglichst harmonisch zu gestalten? Für manche Menschen ist die Antwort: Ja. Für die Mehrzahl jedoch muss die Antwort anders lauten. Wie genau, das wird der nächste Blog-Eintrag erklären.

 

Quelle:

Driver, J., Tabares, A., Shapiro, A., Nahm, E. Y., Gottman, J. (2003). Interactional patterns in marital success and failure: Gottman laboratory studies. In F. Walsh (Ed.) Normal family process: Growing diversity and complexity (3rd ed., pp. 493-513) New York: Guilford Press.

Konstruktiv streiten in der Partnerschaft

Wie lernt man, positiv zu streiten?

Man sollte damit beginnen, dass beide Partner sich ihrer Position sicherer und ihres Selbstwertes bewusster werden. Gleichzeitig sollten die Gemeinsamkeiten geschätzt und die Unterschiede berücksichtigt werden.

Das hat zur Folge, dass das Zugehörigkeitsgefühl zueinander wächst. Man hat sich durch Meinungsverschiedenheiten als unterschiedlich erkannt und fühlt sich dennoch vom anderen akzeptiert und geliebt. Im Sinne der Weisheit der englischen Diplomaten: „Let’s agree to disagree“, also: „lass uns übereinstimmen, dass wir hier verschiedener Meinung sind“.

Und man sollte sich stets erinnern, dass man durch Diskussionen und ausgetragene Meinungsverschiedenheiten wacher wird für die Herausforderung, für Kritik, und sich damit für sämtliche Lebensbereiche rhetorisch bessern kann, das heißt, man wird bewusster in Bezug auf das, was man wahrnimmt und wie man sich äußert. Damit wird man kommunikationsfähiger und partnerschaftsfähiger.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan.
Liebe und Lust. Mary Hahn Verlag

Ärger am Arbeitsplatz?

Konstruktiv Streiten ist eine Kunst – auch am Arbeitsplatz.
Dr. Stephan Lermer gibt einen kurzen Einblick, wie Sie es zukünftig besser machen können und welche Spielregeln Sie beachten sollten (Rundfunkinterview/BLR):


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: BLR Radiodienst / Institut für Persönlichkeit und Kommunikation

Wenn der Respekt fehlt – stirbt irgendwann die Liebe

Sie: „Immer lässt du überall dein Zeug rumliegen. Ich bin doch nicht deine Putzfrau!“
Er: „Stimmt. Wenn du meine Putzfrau wärst, wäre unsere Wohnung sauber.“

Was hier noch schlagfertig und witzig klingt, ist in der Partnerschaft oft ein deutliches Zeichen, dass es bergab geht. Denn in seiner Aussage schwingt Verachtung mit.

Unter vielen anderen Variablen nahm John Gottmann, Eheforscher an der University of Washington, Verachtung in seine berühmte Gleichung auf, mit der er in der Lage ist, Scheidungsfälle und deren Zeitpunkt erstaunlich genau vorherzusagen. Und siehe da: Gegenseitige Verachtung erwies sich als der stärkste Prädiktor für eine misslungene Ehe!

In einer seiner Studien beobachtete Gottmann diskutierende Ehepaare 15 Minuten lang und verglich nach ein paar Jahren seine Beobachtung vom Auftreten negativer Emotionen während dieser Diskussionen mit der tatsächlichen Scheidungsrate. Registrierte er dabei bei einem Paar verachtende Kommentare und Verhaltensweisen, war die Scheidungsrate 2-3mal höher.

Höchste Zeit also, Verachtung durch Wertschätzung zu ersetzen. Wie? Durch Empathie, Perspektivenübernahme und das Senden von Ich-Botschaften. Beispiel, Er: „Ich verstehe, wenn dir der Saustall auf die Nerven geht. Wie wäre es, wenn wir eine Ecke einrichten, in der ich meine Sachen ablege, ohne dass du dich daran störst?“

Ebenfalls ratsam: Sarkasmus durch Humor ersetzen. Wie? Durch Witze, die gut ankommen, dabei aber niemandem schaden – oder höchstens auf Kosten nicht anwesender Dritter gehen. Denn Humor ist einer der stärksten Wirkfaktoren für den langfristigen Erhalt der Partnerschaft.

Schaffen Sie also eine positive und konstruktive Atmosphäre durch Wertschätzung und Humor – auch in „Streitgesprächen“.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Liebe und Lust. Mary Hahn Verlag

Zauberwort „Wir“

Die Kommunikationsformen in der Partnerschaft sind ein entscheidender Faktor für Glück oder Unglück in der Beziehung. Besonders bei Konflikten zeigt die Wortwahl der Partner an, ob eine Lösung gefunden wird oder Dauerstreit vorprogrammiert ist.

Zentral ist dabei das Wörtchen ‚Wir‘ in allen seinen Formen. Forscher der University of California in Berkeley fanden heraus: Je öfter beide Partner in Konfliktsituationen ‚wir‘, ‚uns‘, ‚unser‘ benutzten, desto häufiger schafften sie es, ihre Konflikte schnell beizulegen. Zudem war das Stressniveau beider Partner, gemessen durch Selbstberichte und Hormonspiegel, bedeutend niedriger.

Das Forscherteam um Prof. Robert Levenson fand außerdem, dass Partner, die Ihre ‚Individualität‘ betonten (also häufig Wörter wie ‚Ich‘, ‚du‘, ‚mich‘ verwendeten), in ihrer Ehe oder Partnerschaft insgesamt unglücklicher waren.

Paare, die länger zusammen lebten, benutzten auch öfter Ausdrücke, die das Gemeinsame in der Beziehung betonen. Und sie waren im Durchschnitt auch glücklicher. Levenson und sein Kollege Benjamin Seidel vermuten, dass die gemeinsame Überwindung von Hindernissen und gemeinsam erlebtes Glück sowohl die Kommunikation, als auch das Wir-Gefühl verändern. Beide Faktoren wirken sich wiederum positiv auf die Beziehungsqualität aus.

Für kleine wie große Konflikte in der Beziehung ist die Botschaft eindeutig: Benutzen Sie wo es geht das Wort ‚Wir‘, beziehen Sie Ihren Partner mit ein und machen Sie ihm/ihr klar, dass Sie eine Einheit sind. Das schweißt zusammen!

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: UC Berkeley (2010). Couples who say ‚we‘ do better at resolving conflicts. ScienceDaily. Retrieved February 17, 2010