Vorsicht! Risikobereitschaft deutlich zurückgegangen

Deutschland geht weniger Risiken ein. Das zeigt eine Studie des Instituts für Demoskopie in Allensbach.

Die Meinungsforscher befragten rund 20.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ab 14 Jahren nach ihrer Risikobereitschaft. Das Ergebnis: Nur noch 14% der Befragten hielten Risikobereitschaft im Leben für wichtig, gegenüber 29% im Jahr 2000.


Mit dem Alter wird man risikoscheuer (manche sagen: klüger) und so verwundert es nicht, dass immerhin 20% der Unter-30-Jährigen das Risiko nach wie vor lieben und für wichtig halten. Allerdings waren es auch in dieser Generation im Jahre 2000 noch 36%. Die Wirtschaftskrise 2009 hat offenbar viele Menschen vorsichtig gemacht. Dabei braucht es gerade jetzt den Mut, Risiken einzugehen, Entscheidungen zu treffen und neu anzufangen. Deutschland wartet…

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Insitut für Demoskopie Allensbach

Vorsicht: Frauen im Vorstand! – Die ‚Glass Cliff Theorie‘

Die folgende Nachricht ist ebenso wahr wie irreführend: Weibliche Vorstandsmitglieder lassen die Börsenkurse purzeln. Eine aktuelle Studie der Universität Exeter belegt, dass daran vor allem massive Vorurteile der Anteilseigner schuld sind.

Heike Maria Kunstmann, Hauptgeschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, ist eine der erfolgreichsten Managerinnen Deutschlands. Als sie kürzlich Ihren ’natürlichen Feind‘, IG-Metall-Chef Jürgen Peters anlässlich eines Empfangs auf dem roten Teppich begrüßt hatte, hörte sie einige Sekunden später einen Fotografen rufen: ‚Herr Peters, können Sie nicht noch einmal Ihre Frau rausholen?“ Sowohl Herr Peters als auch Frau Kunstmann waren an diesem Abend solo angereist. Die Anekdote zeigt recht anschaulich: Vorurteile halten sich hartnäckig und Frauen wird in puncto Unternehmensführung nichts zugetraut.

Tatsache. Frauen in Führungspositionen sind eigentlich die besseren Krisenmanager und Unternehmen haben in Krisenzeiten die besten Überlebenschancen, wenn Männer und Frauen gemeinsam in verantwortungsvollen Positionen an der Bewältigung der Krise arbeiten.

Die Anteilseigner bewerten das offensichtlich vollkommen anders: Prof. Alex Haslam von der Universität in Exeter beweist in einer aktuellen Studie, dass sich Unternehmen mit weiblichen Vorstandsmitgliedern an der Börse schwerer tun. Er wertete die Daten aller FTSE 100 Unternehmen der Jahre 2001 bis 2005 aus und zeigte: Firmen mit ausschließlich männlichen Vorstandsmitgliedern hatten einen Marktwert von 166% ihres Buchwertes. War dagegen mindestens eine Frau unter den Vorstandsmitgliedern, verringerte sich der Marktwert auf durchschnittlich 121% des Buchwertes!


Ausnahmen bestätigen die Regel? Erfolgreiche Managerinnen wie Indra K. Nooyi sind nicht nur vergleichsweise selten – ihr positiver Einfluss wird sogar systematisch abgewertet. Schuld daran sind uralte Vorurteile.


Wirtschaften weibliche Manager ein Unternehmen runter? Definitv nicht, sagt Prof. Haslam und führt aktuelle objektive Daten aller FTSE 100 Unternehmen an: Gesamt- und Eigenkapitalrendite waren in seiner Untersuchung sogar signifikant höher in Unternehmen, die neben Männern auch Frauen im Vorstand beschäftigten.

„Unsere Studie zeigt sehr deutlich, dass die Shareholder Unternehmen mit weiblichen Vorstandsmitgliedern abwerten. Unklar ist, ob die Anleger denken, dass Frauen schlechtere Leistungen bei der Unternehmensführung zeigen, oder ob die Anleger die Ernennung einer Frau in den Vorstand als Signal für eine beginnende Krisenbewältigung sehen.“ Frauen sind eben die besseren Krisenmanager – und die Anleger sehr sensibel für kleinste Anzeichen einer Krise.

Prof. Alex Haslam und seine Kollegin haben auf Grund dieser und ähnlicher Daten die bekannte ‚Glass Cliff Theorie‘ entwickelt: Sie besagt, dass auf Grund Ihrer Fähigkeiten bei der Krisenbewältigung Frauen immer dann in Führungspositionen berufen werden, wenn es eng wird. Dadurch entsteht eine sogenannte ‚illusorische Korrelation‘, also eine eigentlich nicht vorhandene Verbindung im Auge des Betrachters, die lautet: „Immer wenn Frauen in Führungspositionen berufen werden, geht es wirtschaftlich den Bach runter.“ Dass die Fehler bereits vor der Berufung passiert sind, wird meistens ignoriert.

Haslam betont: „Objektiv können Frauen im Vorstand einem Unternehmen nur nutzen.“ Offensichtlich aber nur, wenn veraltete Vorurteile über Bord geworfen werden.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Führen uns die männlichen Partnerschaftsstrategien in den wirtschaftlichen Untergang?

Wie evolutionäre Psychologen die Entstehung der aktuellen Wirtschaftskrise erklären:

„Früher wurden Männer daran gemessen, ob sie gute Ernährer waren. Heute haben wir eine neue Konsumkultur, in der wir unser Potenzial hauptsächlich durch unseren Besitz an Konsumgütern zeigen, anstatt ein guter Jäger zu sein oder Schutz zu gewähren.“

Das behauptet Daniel Kruger von der University of Michigan, der in seinen Studien einen Zusammenhang von finanziellen Ausgaben und dem Paarungsverhalten von Männern gefunden hat (wir berichteten im Beitrag vom 16.7.09).

Damit bewegt er sich in der mittlerweile schon klassischen Forschungsrichtung der Evolutionären Psychologie, die die Ursachen komplexer psychischer und sozialer Phänomene in sogenannten ‚evolvierten Mechanismen‘ sieht: In der Menschheitsgeschichte haben sich die Stärksten behauptet. Das sind eben jene Individuen, die sich besonders gut anpassen konnten. Sie waren nämlich in der Lage, viele Ressourcen zu sammeln und solche Verhaltensweisen zu entwickeln, mit denen sie effizient und effektiv ‚wirtschaften‘ (lange Zeit: ‚jagen und sammeln‘) konnten.

Eines dieser Verhaltensmuster ist gerade bei Männern paradoxer Weise das Geldausgeben für Frauen. Die Erklärung: Mit der Bereitstellung von materiellen Ressourcen verbesserten sich die Chancen, dass sich Frauen paarungsbereit zeigten – weil sie mehr Chancen sahen, ihren Nachwuchs gut zu ernähren. Damit überlebten letztlich vor allem die Gene jener Männer, die ihren potentiellen Partnerinnen viel zu bieten hatten. Und deren Nachwuchs, der seinerseits logischer Weise wieder das ‚Gen zum Geldausgeben‘ besaß.

Interessant dabei: Mit Hilfe dieser Theorie-Tradition versucht nun Kruger, die Entstehung der aktuellen Wirtschaftskrise zu erklären. Seine Argumentation:

„Teilweise ist die Krise natürlich ein Produkt unseres Wirtschaftssystems und der jüngsten Finanzpolitik, aber ich denke auch, dass unsere Paarungsstrategien einen Einfluss haben. Wir haben den uralten Kampf um die Ressourcen in unseren Wirtschaftswettkampf, in unsere Konsumwirtschaft und die Kultur des Wohlstandes hineingetragen,“ so Kruger.

„In Bezug auf die momentane Hypotheken-Krise bedeutet das: Besonders Männer unterliegen einem ständigen Status-Wettrennen. Einem Rennen um die besten Ressourcen, das meiste Geld und letztlich die meisten und schönsten Partnerinnen. Wir haben Erwartungen von einem spiralenförmigen Anstieg des Gewinns und jeder will zeigen, dass er besser als der Durchschnitt ist.“ Also wird lieber das größere Haus gebaut, das dickere Auto gekauft, der höhere Kredit aufgenommen.

Höchste Zeit also, darüber nachzudenken, ob wir uns unserem evolutionären Erbe so hilflos ausliefern und weiter am ‚rat race‘ in teilnehmen wollen – mit der Angst, dass die nächste globale Blase platzt. Oder uns doch ab und zu auf tausende Jahre Kultur, Religion und Philosophie besinnen: Unsere Partnerin ins Grüne entführen, ein aufregendes Gespräch oder mehr anzetteln und einfach einmal gemeinsam die Seele baumeln lassen.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle:
Kruger, D. J. (2008): Male financial consumption is associated with higher mating intentions and mating success. Evolutionary Psychology, 6/4: pp. 603-612

„Ordnung im Chaos“ – Unser Verlangen nach Struktur beeinflusst unsere Entscheidungen

Teil 1 – z.B. bei Wertpapieren

Haben Sie sich jemals gefragt, wie Aberglaube entsteht? Oder wie Verschwörungstheorien entstehen? Oder warum Börsenkurse sich manchmal völlig irrational verhalten?

Wir Menschen versuchen ständig, Ordnung in das Chaos dieser Welt zu bringen. Damit wir sie verstehen können, damit wir unser Verhalten an äußere Bedingungen anpassen können, damit wir Gefahren vorhersagen können. Unser Bedürfnis nach Ordnung geht sogar so weit, dass wir, wenn uns objektive Fakten fehlen, die Sterne um Rat fragen – eigentlich sinnlos, aber es gibt uns ein gutes Gefühl. Ein Gefühl der Kontrolle.

Und wann brauchen wir dieses Gefühl am meisten? Richtig. Wenn wir die Kontrolle verloren haben. Das heißt, wenn wir das Gefühl haben, dass wir fremdgesteuert werden, dass nichts, was wir tun, auch nur irgendetwas ändert und alles eigendynamisch in eine zufällige Richtung steuert. Welche phänomenalen Auswirkungen Kontrollverlust auf unser Ordnungsbedürfnis haben kann wurde jetzt wissenschaftlich untersucht.
Aber machen wir zunächst einen kleinen Test. Was erkennen Sie?

Nichts? Gut so. Die Punkte sind nämlich chaotisch verteilt. Lässt man seiner Fantasie eine Zeit lang freien Lauf, so erkennt man mit der Zeit sicher das ein oder andere Muster. Das ist normal und kann sogar Spaß machen.

Jennifer Whitson und Adam Galinsky von der Universität in Austin (Texas) hatten eine andere Hypothese: Je geringer unser Kontrollgefühl, desto verzweifelter versucht unser Gehirn, Ordnung in die Welt zu bringen. Deshalb sollten Menschen, denen während ihrer Experimente das Gefühl von Kontrollverlust vermittelt worden war*, schneller irgendwelche Dinge, Bilder oder Muster in ihren chaotischen Punktwolken erkennen als in einem entspannten Zustand. Das zeigte sich auch.

Doch Whitson und Galinsky gingen noch einen Schritt weiter. Und hier wird das Experiment interessant: Sie lieferten ihren Probanden zufällig ausgewählte Statements über Börsenkurse. Diejenigen Versuchsteilnehmer, die über ein geringeres Kontrollgefühl verfügten, sahen in den zufälligen Statements eher Zusammenhänge und Trends als die anderen Versuchsteilnehmer. Sie waren auch eher zu Entscheidungen über Kauf und Verkauf bereit.

Gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise könnten Gefühle von Kontrollverlust eine wichtige Rolle spielen. Jennifer Whitson: ‚Das wachsende Gefühl von Kontrollverlust bei Börsenhändlern und Investoren hat das Chaos nur noch verstärkt. Menschen reagieren in solchen Situationen besonders irrational und machen selbst wichtige Entscheidungen etwa von ihrem Horoskop und kleinen Ritualen abhängig.‘

Lesen Sie nächste Woche, wie mangelndes Kontrollgefühl die Entstehung von Aberglauben begünstigt und wie wir unsere Entscheidungen verbessern können, indem wir unser Kontrollgefühl wiederherstellen.

*ein geringes Kontrollgefühl kann ausgelöst werden, indem man den Versuchspersonen zuvor unlösbare Logik-Aufgaben gibt oder sie einfach ihre Erfahrungen in unkontrollierbaren Situationen erinnern lässt.

gepostet i. A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Whitson, J. & Galinsky, A (2008). Lacking control increases illusory pattern perception. Science, 322, pp.115-117

„Präsentismus“ – ein unterschätzter Kostenfaktor

Unternehmen entstehen zusätzlich enorme Kosten, wenn kranke Arbeitnehmer trotzdem zur Arbeit gehen – und nicht etwa nur dann, wenn sie zuhause bleiben.

Auskurieren oder trotzdem zur Arbeit gehen? Kaum jemand, der sich diese Frage nicht schon einmal gestellt hat. Relevant wird das Thema vor allem bei chronischen Leiden wie Rückenschmerzen, Allergien und Depressionen. Dass Anwesenheit trotz Krankheit vor allem wirtschaftlichen Schaden verursacht, belegt eine Studie der Cornell University: Jährlich werden 3x so viele Kosten durch „Präsentismus“ verursacht, als durch Abwesenheit vom Arbeitsplatz anfallen. Folgen des Präsentismus und damit Ursachen der Kosten sind mangelnde Konzentration, arbeitsplatzbezogene Ängste, fehlende körperliche Leistungsfähigkeit und vor allem langfristige Verschlimmerung körperlicher und psychischer Leiden. Die Autoren der Studie schätzen, dass je nach Krankheit bis zu 60% der krankheitsbedingten Kosten durch Präsentismus und nicht etwa durch Absentismus oder kurative Maßnahmen verursacht werden.

Menschen, die trotz Krankheit zur Arbeit gehen und nicht zum Arzt, rekrutieren sich aus 3 Gruppen.

„Wenn ich nicht zur Arbeit gehe, geht dort alles den Bach runter“ klagen viele, die bei uns Coaching und psychologische Beratung suchen. Vor allem hochmotivierte Personen, die Kompetenzen nicht gerne aus der Hand geben, sind betroffen. Hier können Einstellungsänderungen für mehr Lebensqualität sorgen.

„Angst vor Kündigung“ oder generell „Angst vor finanzieller und gesellschaftlicher Degradierung“ ist der zweite häufig genannte Grund für Präsentismus. Diese Personen befinden sich in einem Teufelskreis von gesundheitlichen Problemen und der Angst vor dem Verlust von sozioökonomischem Status. Im Coaching gilt es vor allem, diesen Teufelskreis zu durchbrechen und individuell zugeschnitten alternative Wege aufzuzeigen.

Die dritte Gruppe sind meist selbständige Unternehmer und Freiberufler, die hohe berufliche Verantwortung für Unternehmen und Mitarbeiter tragen. Im Coaching werden dann gemeinsam passende Strategien und Roadmaps für den Krankheitsfall ausgearbeitet.

Stress, Burnout und damit verbunden depressive Verstimmungen gehören neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Arthritis zu den Krankheiten, die die meisten Kosten verusachen. Erhöhte Arbeitsbelastung, Arbeitsplatzunsicherheit und gestiegene psychosoziale Anforderungen im Beruf tragen dazu bei. Hier müssen vor allem präventive Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung ergriffen werden. Psychosoziale Kompetenz aber wird in der beruflichen Ausbildung nur selten vermittelt. Unternehmen und Arbeitnehmer haben großen Nachholbedarf bei der Förderung der Mitarbeiter und der Verbeserung der Kommunikation – auch im Krankheitsfall.

Quelle:
Goetzel, R. et al. (2004). Health, Absence, Disability, and Presenteeism Cost Estimates of certain Physical and Mental Health Conditions Affecting U.S. employers. Journal of Occupational and Environmental Medicine, 46, 398-412

Zur Wirtschaftskrise


Weibliches Krisenmanagement = Erfolgreiches Krisenmanagement


Von einer Aufsehen erregenden Studie berichtet Prof. Dr. Michel Ferrari von der französischen Ceram Business School.


Er analysierte die 40 im französischen Aktienindex CAC gelisteten Unternehmen, um Wirkfaktoren für die gegenwärtige Krise zu erheben. Dabei fokussierte er seine Forschungen auf die Unternehmen, die den wirtschaftlichen Abschwung bisher vergleichsweise gut gemeistert hatten und korrelierte verschiedene Kennzahlen dieser Unternehmen mit ihrem Erfolg im Jahr 2008. Das Ergebnis: Je größer der Frauenanteil in Managementpositionen, desto geringer der Kursverfall 2008!


Prof. Ferrari vermutet, dass die unterschiedliche Risikobereitschaft der Geschlechter einen für alle Stakeholder wahrnehmbaren psychologischen Vorteil suggeriert: Forschungen zum Führungsstil von Frauen und Männern zeigen, dass Frauen eher risikoärmere und langfristig nachhaltigere Entscheidungen treffen. Geschlechterdiversität im Unternehmensmanagement führe demnach dazu, dass die Risikobereitschaft der männlichen Kollegen wieder ausgeglichen und die Unternehmenskultur vielfältiger werde. Dadurch wird das Management flexibler, anpassungsfähiger und letztlich erfolgreicher.


Ferrari gibt zu bedenken: Bislang gibt es zu wenige Studien, die den Erfolg „weiblicher“ Managementpraktiken (z.B. erhöhtes soziales Engagement) belegen. Die gängige Lehrmeinung ist, dass solche mitarbeiterzentrierten Führungsaufgaben auf Topmanagement-Ebene nicht zur Erhöhung von Rentabilität oder Dividende beitragen. Er empfiehlt daher: Mehr angewandte Forschung zu Unternehmenszielen, Unternehmensführung und Diversität sowie gezielte innerbetriebliche Förderung weiblicher High Potentials.


Quelle: Ferrari, M., in Financial Times 3/2009