Frauen haben mehr Schuldgefühle

Damit wir Schuld gegenüber anderen fühlen, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Wir nehmen an, dass wir in einer bestimmten Situation jemanden körperlich oder psychisch verletzt haben.
  2. Wir entwickeln Mitgefühl mit dem oder den Menschen, den/die wir verletzt haben.
  3. Wir nehmen an, dass wir die Verantwortung für die Verletzung tragen und verwandeln unser Mitgefühl in Schuld.

Interessant dabei: Die erste Voraussetzung ist relativ unabhängig von unserer Erziehung. Die reine Wahrnehmung einer körperlichen oder psychischen Verletzung ist weitgehend genetisch bestimmt. Aber die anderen beiden Voraussetzungen sind stark durch unsere Erziehung beeinflusst. Und damit veränderbar.

Genau hier setzt eine Studie der Universität des Baskenlandes an: Prof. Itziar Etxeberria und ihre Kollegen befragten 360 Personen in drei Altersgruppen (Teenager, junge Erwachsene und Erwachsene mittleren Alters) zur Häufigkeit von Schuldgefühlen. Zugleich testeten sie ihre Versuchsteilnehmer auf ‚interpersonale Sensitivität‘, sprich: Wie gut können sich die Teilnehmer in andere Personen hineinversetzen, mitfühlen und Verantwortung zuweisen?

Dabei berichteten Frauen im Gegensatz zu Männern erheblich öfter Schuldgefühle zu haben, obwohl beide Geschlechter im Mittel gleich viele Anlässe zu Schuldgefühlen nannten. Am stärksten ausgeprägt waren die Schuldgefühle in der Gruppe der 40-50jährigen Frauen. Am schwächsten ausgeprägt waren die Schuldgefühle in der Gruppe der 25-35jährigen Männer.

Prof. Etxeberria erklärt diesen Befund als „verursacht durch unsere Erziehung, die hinsichtlich Einfühlungsvermögen und sozialer Verantwortung einfach mehr von Frauen verlangt.“ Sie setzt sich deshalb dafür ein, dass Bildungseinrichtungen und Familien diese Ungleichbehandlung erkennen und abbauen.

Wo auch immer diese fehlende Chancengleichheit zum Schuldbewusstsein herkommen mag – fest steht, dass es vielen Frauen in dieser Beziehung gut tun würde, von den Männern zu lernen: Die Gruppe der 25-35jährigen Männer war nämlich im Durchschnitt am glücklichsten.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Spanish Foundation for Science and Technology (2010, January 26). Men feel less guilt, study suggests. ScienceDaily.