Führen uns die männlichen Partnerschaftsstrategien in den wirtschaftlichen Untergang?

Wie evolutionäre Psychologen die Entstehung der aktuellen Wirtschaftskrise erklären:

„Früher wurden Männer daran gemessen, ob sie gute Ernährer waren. Heute haben wir eine neue Konsumkultur, in der wir unser Potenzial hauptsächlich durch unseren Besitz an Konsumgütern zeigen, anstatt ein guter Jäger zu sein oder Schutz zu gewähren.“

Das behauptet Daniel Kruger von der University of Michigan, der in seinen Studien einen Zusammenhang von finanziellen Ausgaben und dem Paarungsverhalten von Männern gefunden hat (wir berichteten im Beitrag vom 16.7.09).

Damit bewegt er sich in der mittlerweile schon klassischen Forschungsrichtung der Evolutionären Psychologie, die die Ursachen komplexer psychischer und sozialer Phänomene in sogenannten ‚evolvierten Mechanismen‘ sieht: In der Menschheitsgeschichte haben sich die Stärksten behauptet. Das sind eben jene Individuen, die sich besonders gut anpassen konnten. Sie waren nämlich in der Lage, viele Ressourcen zu sammeln und solche Verhaltensweisen zu entwickeln, mit denen sie effizient und effektiv ‚wirtschaften‘ (lange Zeit: ‚jagen und sammeln‘) konnten.

Eines dieser Verhaltensmuster ist gerade bei Männern paradoxer Weise das Geldausgeben für Frauen. Die Erklärung: Mit der Bereitstellung von materiellen Ressourcen verbesserten sich die Chancen, dass sich Frauen paarungsbereit zeigten – weil sie mehr Chancen sahen, ihren Nachwuchs gut zu ernähren. Damit überlebten letztlich vor allem die Gene jener Männer, die ihren potentiellen Partnerinnen viel zu bieten hatten. Und deren Nachwuchs, der seinerseits logischer Weise wieder das ‚Gen zum Geldausgeben‘ besaß.

Interessant dabei: Mit Hilfe dieser Theorie-Tradition versucht nun Kruger, die Entstehung der aktuellen Wirtschaftskrise zu erklären. Seine Argumentation:

„Teilweise ist die Krise natürlich ein Produkt unseres Wirtschaftssystems und der jüngsten Finanzpolitik, aber ich denke auch, dass unsere Paarungsstrategien einen Einfluss haben. Wir haben den uralten Kampf um die Ressourcen in unseren Wirtschaftswettkampf, in unsere Konsumwirtschaft und die Kultur des Wohlstandes hineingetragen,“ so Kruger.

„In Bezug auf die momentane Hypotheken-Krise bedeutet das: Besonders Männer unterliegen einem ständigen Status-Wettrennen. Einem Rennen um die besten Ressourcen, das meiste Geld und letztlich die meisten und schönsten Partnerinnen. Wir haben Erwartungen von einem spiralenförmigen Anstieg des Gewinns und jeder will zeigen, dass er besser als der Durchschnitt ist.“ Also wird lieber das größere Haus gebaut, das dickere Auto gekauft, der höhere Kredit aufgenommen.

Höchste Zeit also, darüber nachzudenken, ob wir uns unserem evolutionären Erbe so hilflos ausliefern und weiter am ‚rat race‘ in teilnehmen wollen – mit der Angst, dass die nächste globale Blase platzt. Oder uns doch ab und zu auf tausende Jahre Kultur, Religion und Philosophie besinnen: Unsere Partnerin ins Grüne entführen, ein aufregendes Gespräch oder mehr anzetteln und einfach einmal gemeinsam die Seele baumeln lassen.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle:
Kruger, D. J. (2008): Male financial consumption is associated with higher mating intentions and mating success. Evolutionary Psychology, 6/4: pp. 603-612