Psychologische Begriffe: Chamäleon-Effekt

Sind wir menschliche Chamäleons. Es scheint so: Unbemerkt von anderen und sogar von uns selbst passen wir uns den Verhaltensweisen unserer Interaktionspartner an. Mit gutem Grund.

Haben Sie schon einmal darauf geachtet, dass Sie sich nach vorne lehnen, wenn sich Ihr Gesprächspartner nach vorne lehnt? Oder dass Sie die Arme verschränken, wenn Ihr Gegenüber das tut? Oder dass Sie auf ‚Heimaturlaub‘ andere Ausdrücke, Gesten und Mimik benutzen als sonst irgendwo auf der Welt in Ihrer Freizeit?

Wir imitieren täglich unsere Kommunikationspartner – und das zumeist unbewusst. In einschlägigen Kursen zum Neurolinguistischen Programmieren können Sie das allerdings auch bewusst lernen. Eine Basisübung besteht dort nämlich darin, den Gesprächspartner zu spiegeln – in Haltung, Mimik, Gestik und sogar verbal. Der Grund: Das Imitieren schafft Sympathie. Denn Sympathie mit einem anderen Menschen empfinden wir zuverlässig immer dann, wenn wir eine gewisse Ähnlichkeit miteinander feststellen – in Worten und Taten. „Hey, der ist wie ich!“ – klingt doch sympathisch, oder?

Doch eigentlich brauchen wir keine Kurse für unser Imitationsverhalten. Wir imitieren ganz natürlich, weil wir spüren, dass andere das mögen. Diese Mimikry ist sogar so tief in uns verankert, dass wir oft gar nicht anders können. Schuld daran sind Schaltkreise im Gehirn, bei denen so genannte Spiegelneuronen aktiv sind (siehe unseren Blog-Beitrag vom 22.7.09).

Am Max-Planck-Institut in Leipzig werden seit einigen Jahren Versuche zum menschlichen Imitationsverhalten durchgeführt. Eines der faszinierendsten zeigt, dass wir nicht nicht imitieren können: Der Neuropsychologe Roman Liepelt zeigte einem Teil seiner Versuchsteilnehmer Fotos von Händen, bei denen zwei Finger durch ein Gestell fixiert waren. Dabei sollten sie mit ihren eigenen Fingern per Tastendruck Reaktionsaufgaben meistern. Das erstaunliche Ergebnis: Sahen die Teilnehmer die fixierten Finger, konnten sie ihre eigenen Finger nur noch erheblich langsamer bewegen! Die simultane Aufzeichnung ihrer Gehirnaktivität zeigte, dass dabei ihre Spiegelneuronen involviert waren.

Fazit: Was der Kommunikationspsychologe Paul Watzlawick allgemein über Kommunikation sagte („Man kann nicht nicht kommunizieren“), gilt speziell auch für Imitation: Wir können nicht nicht imitieren. Und das ist gut so. Denn Imitation schafft Vertrauen. An der Universität von New York imitierten die Psychologen Tanya Chartrand und John Bargh ihre Versuchsteilnehmer und wurden anschließend als wesentlich sympathischer von ihnen eingeschätzt als ohne Imitation.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer