Zurück zur Natur – Und raus aus dem Stress!

„Retournons à la nature!“ rief Rousseau im 18. Jahrhundert und meinte damals vor allem, dass sich der Mensch aus der kulturellen Tretmühle der Industrialisierung befreien solle. Seitdem haben sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den reichen Ländern der ersten Welt zwar gebessert, ein Thema ist jedoch dramatischer geworden – der Stress.

Im finnischen Forest Research Institute wird Rousseau’s berühmter Ausspruch etwas wörtlicher interpretiert. Hier wird erforscht, welche unmittelbaren körperlichen und psychischen Auswirkungen Kurzbesuche in der Natur haben. Die Forschungsergebnisse vermitteln ein einheitliches Bild: Wer aus dem Alltag raus will und Stress abbauen, der sollte am besten in den Wald gehen.

Jeder, der sich einmal kurz die Zeit genommen und einen Spaziergang über Felder, Wald und Wiesen gemacht hat, kennt die beruhigende Wirkung der Natur. Doch die Menschheit will Beweise und diese liefern die finnischen Forscher um Dr. Eeva Karjalainen im Dutzend:

Wald und andere natürliche Umgebungen reduzieren Stress, heben die Stimmung, verringern Aggressionen und schaffen Glücksgefühle. Oder präziser: Blutdruck, Muskelspannung, Stresshormone und Herzrate verringern sich deutlich. Bei Waldbesuchen erhöht sich die Zahl an körpereigenen Immunzellen, die Krebszellen bekämpfen. Und: Die Behandlung psychischer Krankheiten wie Depressionen und Impulsstörungen verläuft wesentlich rascher, wenn natürliche Settings wie Wälder und Seen begleitend genutzt werden. Nur ein Beispiel: Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) haben dauerhaft weniger Schwierigkeiten, wenn sie täglich in Wäldern, Parks und Seen spielen.

Letztlich sind natürliche Umgebungen auch bei der Prävention von psychischen Krankheiten wie Depression und Burnout entscheidend. Man sollte sich dafür eine solche Umbung suchen, in der man sich wirklich wohl fühlt und mit seinen Gedanken allein oder zu zweit ist.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: USDA Forest Service, Pacific Northwest Research Station (2010, July 23). The healing effects of forests. ScienceDaily. Retrieved July 24, 2010, from http://www.sciencedaily.com­/releases/2010/07/100723161221.htm

Gewalt in der Partnertschaft – Affekt oder kalkuliertes Risiko?

„Ich… ich weiß auch nicht … schätze, mir ist einfach … ja, mir ist einfach die Sicherung durchgebrannt. Da hab ich ausgeholt und… eigentlich wollte ich nicht so fest zuschlagen… nur drohen, ich wollte sie ja nicht verletzen, aber meine Gefühle sind mit mir durchgegangen.“

Statistiken sowie dutzende persönliche Berichte zeigen immer wieder, dass Gewalt in der Partnerschaft bittere Realität ist. Nimmt man verbale Aggression und Drohungen mit in die Gleichung auf, sind Männer sogar beinahe so häufig davon betroffen wie Frauen – nur bei der ‚Schwere‘ der Taten führen die Männer natürlich.

Das obige Szenario stellt dabei den Prototyp ehelicher Gewalt dar. Sofort denken wir bei ‚Gewalt in der Partnerschaft‘ an den aus Affekt prügelnden Ehemann.

Dieses Bild stellen israelische Forscher nun ernsthaft in Frage und behaupten: Der größte Teil häuslicher Gewalt ist nicht emotional bedingt sondern kühl kalkuliert.

Die Wissenschaftler um Prof. Eisikovits und Dr. Perkis von der Universität in Haifa erforschten zunächst die Phasen partnerschaftlicher Gewalt und stellten fest: Die Eskalation solcher Gewalt folgt immer denselben Schritten. Zunächst verbale Aggressivität (fast immer von beiden Seiten), dann Drohungen, leichte physische Übergriffe und schließlich schlimmsten Falls ernsthafte Verletzung des Partners.

In ihren Studien stellten Sie zudem fest, dass Gewalt in der Partnerschaft eine Konfliktlösungsstrategie darstellt, die zu einem gewissen Maß von beiden Seiten geplant ist. Diese zunächst unlogisch erscheinende Aussage erklärt Dr. Perkis näher: „Natürlich setzt sich keiner der Partner hin und plant, wann er auf den anderen einschlägt oder ihm droht. Aber es existiert eine Art stilles Einverständnis zwischen den beiden, wo die Grenzen der Gewalt und der Respektlosigkeit liegen.“

Die Partner kalkulieren dann in einer Streitsituation den Preis, den Sie für dieses oder jenes Verhalten zahlen müssen. Wenn Er zum Beispiel annimmt, dass Sie eine leichte Ohrfeige noch hinnimmt, bei einem Faustschlag in den Bauch aber die Polizei informiert, wird Er höchstens bis zur Ohrfeige gehen. Gibt Sie Ihm zu verstehen, dass eine Ohrfeige zur Scheidung führt, wird er sich in der Regel vorher zurücknehmen.

Dr. Perkis betont, dass partnerschaftliche Gewalt so illegal wie unmoralisch ist und dass natürlich jeweils der Partner der Schuldige ist, der auch tatsächlich handgreiflich wird. Für Paare, die trotz solcher Auseinandersetzungen zusammen bleiben wollen und einen Neuanfang starten, ist es aber zunächst einmal ganz wichtig, sich zu verdeutlichen: Beide Partner haben innerlich eine Grenze festgelegt und diese ist überschritten worden.

Deshalb wird in der Therapie besonderer Wert darauf gelegt, die Motive beider Partner und die Dynamik zwischen ihnen aufzuklären. Die bisherigen – offensichtlich unzureichenden – Konfliktlösungsstrategien werden analysiert und verdeutlicht. Neue, für beide akzeptable Konfliktstrategien werden gezeigt und erprobt, damit nachhaltiges Partnerglück ohne Gewalt wieder erlebbar wird.

Obwohl Gewalt in der Partnerschaft also im Regelfall kalkuliert ist, kann es trotzdem in einigen Situationen zu unkontrollierten Ausbrüchen von Aggression kommen. Allerdings sind diese Fälle deutlich seltener.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: University of Haifa (2009). Violence between couples is usually calculated, and does not result from loss of control.

Was unser Gesicht über Aggressivität verrät

Nicht nur über Worte und Gesten können wir feststellen, ob unser Kommunikationspartner ein aggressiver Mensch ist. Allein ein kurzer Blick in die Gesichtszüge genügt.

Das berichten Dr. Justin Carré und seine Kollegen von der Brock University of Ontario, Kanada. In ihrem psychologischen Experiment gingen sie der Frage nach, ob es möglich ist, die Tendenz zu aggressivem Verhalten mit einem kurzen Blick in die Gesichtszüge des Gegenübers einzuschätzen. Dazu zeigten sie ihren Versuchspersonen Bilder von Männern, deren Aggressivität sie zuvor im Labor untersucht hatten.

Obwohl alle Männer auf den Bildern einen neutralen (‚un-emotionalen‘) Gesichtsausdruck aufgesetzt hatten, filterten die Versuchspersonen erstaunlicherweise recht zuverlässig die aggressiven Männer heraus. Und zwar unabhängig davon, ob sie die Bilder eingehend betrachten durften oder nur ganz kurz (für 39 Millisekunden) gezeigt bekamen.

Dr. Carré und sein Team erklären ihren interessanten Befund damit, dass wir zur Einschätzung der Aggressivität von Unbekannten (schnelles Entscheiden kann hier überlebenswichtig sein!) einen sehr groben, aber ungemein zuverlässigen Indikator heranziehen: Die sogenannte width-to-height ratio (WHR), sprich: Das Verhältnis der Entfernung vom linken zum rechten Wangenknochen und der Entfernung von der Oberlippe zu den Augenbrauen.

Während Jungen und Mädchen in der Kindheit keinen Unterschied in der WHR zeigen, entwickeln junge Männer in der Pubertät eine größere WHR. Untersuchungen bei jungen Männern haben außerdem gezeigt, dass solche mit einer größeren WHR auch tendenziell mehr aggressives Verhalten zeigen.

Tatsächlich ging im Expreiment von Dr. Carré die Einschätzung aggressiven Verhaltens mit einer größeren WHR einher – welche wiederum proportional zur vorher festgestellten Aggressionsneigung der Männer war.

Die Ergebnisse belegen, dass beinahe unmerkliche Unterschiede in der Gesichtstruktur anderer Menschen sehr stark unsere Einschätzung und unser Verhalten gegenüber diesen Menschen beeinflussen können.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Carré, JM, McCormick, CM, Mondloch, CJ (2009). Facial Structure is a Reliable Cue of Aggressive Behavior. Psychological Science, 20 (10)

„happy slapping“ – Was tun gegen Handygewalt?

Eine Gruppe Jugendlicher verprügelt einen Mitschüler auf der Schultoilette, eine typische Pausenhofschlägerei oder ein sexueller Übergriff – fast jeder dritte deutsche Jugendliche hat schon mal einen solchen oder ähnlichen Gewaltfilm auf dem Handy gesehen. Neuerdings wird der Trend, Gewalt mit dem Handy zu filmen und zu verbreiten auch als „happy slapping“ bezeichnet – welche Auswirkungen hat das, und was kann man gegen Gewalt auf dem Handy tun?

Ein Interview mit Dr. Stephan Lermer auf n-tv gibt Antworten:

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: n-tv, Beitrag vom 24.07.2009, Nachrichten