Spezial zu Partnerschaft und Ehe: Wie bleibt das Glück erhalten?

„Bis, dass der Tod euch scheidet“ – dieser Trauspruch gilt für viele Ehen schon lange nicht mehr. Hält eine Ehe in Deutschland länger als 15 Jahre, wird sie heute meist schon als Langzeitehe bezeichnet. Kann man bereits zu Anfang erspüren, ob eine Partnerschaft belastbar ist? Wie steht es mit dem „Bauchgefühl“? Und welche Faktoren entscheiden darüber, ob die Partner in ihrer Ehe dauerhaft glücklich bleiben? Sozial- und Verhaltenswissenschaftler haben aktuell erstaunliche Forschungsergebnisse rund um das Thema Ehe und Partnerschaft zusammengetragen.

Dauerhaft glückliche Bindungen werden von den meisten Menschen als erstrebenswert angesehen. Der Beziehungsstatus hat z.B. direkte körperliche Auswirkungen: Verheiratete leben länger, werden seltener krank, ernähren sich gesünder und sind im Alter länger selbständig. Dennoch scheitern viele Paarbeziehungen an Hürden, die für viele nicht vorhersehbar schienen.

In unserer neuen Reihe von Blog-Einträgen werden Studienergebnisse dargestellt, aus denen hervorgeht, dass diese Hürden durchaus voraussehbar sind und – darüber hinaus – dass es möglich ist, in einer Partnerschaft dauerhaft glücklich zu sein.

 

Der richtige „Riecher“

Bereits in den ersten Augenblicken der Kontaktanbahnung ist unser Unterbewusstsein auf Hochtouren. Beide testen unbewusst ob eine Bindung miteinander wohl haltbar sein könnte: Dafür beiden müssen einander riechen können. Das mag zunächst banal klingen, dennoch haben biopsychologische Studien ergeben, dass der Geruchssinn soziales Verhalten massiv beeinflusst. Er hilft, unbewusst Emotionen in anderen Menschen zu entdecken; Menschen z.B., die ohne Geruchssinn geboren wurden, leiden nachweislich unter erhöhter sozialer Unsicherheit. Aus evolutionärer Sicht ist dieses Auswahlkriterium durchaus sinnvoll, denn ein Geruch, der als attraktiv empfunden wird, deutet darauf hin, dass sich das Immunsystem des Gegenübers vom eigenen unterscheidet, potentielle Nachkommen damit überlebensfähiger sein werden. Wer sich also gerne riechen mag, der bleibt auch länger zusammen.

 

Aufs Bauchgefühl achten

Bereits kurz nach der Hochzeit spüren die meisten Partner, wie es wirklich um ihre Ehe bestellt ist. Auch wenn sie vom Wunschdenken beseelt sind, eine glückliche und harmonische Ehe zu führen – sich auf das „Bauchgefühl“ zu verlassen, ist sinnvoller, als sich Dinge schönzureden. Konflikte, Missverständnisse oder enttäuschte Erwartungen gehören schon im Keim aufs Tapet: Man muss sie klären, und zwar durch beidseitig wohlwollende 4-Augen-Gespräche. Wobei viele das Feedback-Annehmen zum ersten Mal in ihrem Leben lernen müssen. Sie waren ja vorher noch nie verheiratet und haben das auch nirgendwo gelernt.

Der Psychologe James McNulty führte eine Langzeitstudie an 135 frisch verheirateten Paaren durch. Die StudienteilnehmerInnen wurden vier Jahre lang alle sechs Monate dazu befragt, wie zufrieden sie mit ihrer Ehe waren. Zusätzlich wurde jedes Mal ein sog. Implicit Associations Test durchgeführt, mit dem die unbewusste Einstellung der ProbandInnen zu ihrem/r PartnerIn und ihrer Ehe ermittelt wurde. McNulty’s erstaunliches Ergebnis: Die Paare, die gleich zu Beginn ihrer Ehe negative unbewusste Einstellungen zeigten, hatten im Laufe des Studienzeitraums Eheprobleme und standen vor der Trennung – auch wenn sie sich in der offenen Befragung anfangs geradezu euphorisch zeigten. Das Bauchgefühl lässt sich also nicht überlisten.

 

Das verflixte vierte Jahr

Der Untersuchungszeitraum von vier Jahren wurde von den Forschern nicht zufällig gewählt. Der sog. Coolidge-Effekt wurde bereits in den 1960-er Jahren entdeckt: Das Level der körpereigenen Glücks- und Bindungshormone Dopamin und Oxytocin – zu Beginn der Partnerschaft auf seinem höchsten Niveau – sinkt im Verlauf der Beziehung stetig und erreicht nach vier Jahren seinen tiefsten Stand. Die sexuelle Anziehungskraft wird damit immer geringer. Etliche Partnerschaften, in denen es die Partner in dieser Zeit nicht geschafft haben, ihre Beziehung auf ein festes Fundament zu stellen, scheitern an dieser Hürde.

 

Woraus aber besteht ein solches Fundament? Sind Menschen in der Lage, ihrer ganz natürlichen biologischen Entwicklung etwas entgegen zu setzen? Im nächsten Blog-Eintrag wird dieser Frage auf den Grund gegangen.

 

Quellen:

Croy, I., Bojanowski, V. & Hummel, T. (2013). Men without a sense of smell exhibit a strongly reduced number of sexual relationships, women exhibit reduced partnership security–a reanalysis of previously published data. Biological psychology, 92(2), 292-294.

McNulty, J. K., Olson, M. A., Meltzer, A. L., & Shaffer, M. J. (2013). Though they may be unaware, newlyweds implicitly know whether their marriage will be satisfying. Science, 342(6162), 1119-1120.

Wilson, J. R., Kuehn, R. E., & Beach, F. A. (1963). Modification in the sexual behavior of male rats produced by changing the stimulus female. Journal of comparative and physiological psychology, 56(3), 636.

Flugzeugabsturz in den französischen Alpen: Der Umgang mit plötzlichem Verlust – und was wirklich zählt

Themen wie Tod und Sterben sind in unserer Gesellschaft weitgehend aus dem Alltag verbannt. Erst Katastrophen wie der kürzliche Absturz des Germanwings-Flugs 4U9525 führen vielen vor Augen, wie plötzlich und unerwartet persönliche Verluste über Menschen hereinbrechen können. Sie werfen Fragen auf, mit denen man sich im Alltag selten beschäftigt.

 

Nach dem Flugzeugabsturz am 24. März diesen Jahres, bei dem alle 150 Insassen ums Leben kamen, wirkte Deutschland wie gelähmt. Den Angehörigen der Opfer gilt unser aller Mitgefühl für ihren schmerzlichen Verlust. Viele von uns fragen sich gleichzeitig, wie sie selbst mit einer solchen Nachricht umgehen könnten, was Betroffenen wirklich hilft und wie mit dem Beuwsstsein umgegangen werden kann, dass man auch jederzeit selbst urplötzlich mit einer solchen Tragödie konfrontiert sein könnte.

 

Bewältigung von Trauer und Verlust

Die Trauer ist eine sinnvolle Reaktion auf viele negative Erlebnisse. Dazu gehören neben dem Tod eines geliebten oder nahestehenden Menschen auch Situationen, in denen Abschiede, Trennungen und Enttäuschungen erlebt werden oder in denen einem bewusst wird, dass man ganz Wichtiges unwiderbringlich versäumt hat oder dass man bestimmte Lebensziele nun nie mehr erreichen kann. Psychologen und Psychotherapeuten müssen oft beobachten, dass der Trauer in unserer schnellebigen, sich ständig verändernden Zeit zu wenig Raum und Zeit eingeräumt wird. Gerade das aber wäre zur Bewältigung einer Verlustkrise essenziell wichtig.

 

Trauer ist individuell

Die Professorin für Psychologie Verena Kast beschrieb bereits 1982 die vier Phasen der Trauer: Während der ersten Phase, der Verleugnung, wollen Betroffene die Tatsache des Verlusts erst einmal einfach nicht wahrhaben, oft befinden sie sich in einem regelrechten Schockzustand, bewegen sich sogar wie in einer Art Trance. Die zweite Phase ist gekennzeichnet von aufbrechenden, teils widersprüchlichen Gefühlen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, körperlichen Beschwerden und dem unablässigen Kreisen der Gedanken um den schmerzlichen Verlust. Das Leben erscheint nun nicht mehr lebenswert. In der dritten Phase, der Phase der langsamen Neuorietierung, werden noch immer starke Stimmungsschwankungen erlitten, Trauer und Hass lassen jedoch langsam nach und sind nicht mehr so intensiv. In der letzten Phase erreichen Trauernde endlich ein neues Gleichgewicht. Trotz der verbleibenden Wehmut und dem Bewusstsein, den erlebten Verlust nie ersetzen oder vergessen zu können, ist ein vertrauensvoller Blick auf die Zukunft möglich, Alltagsaufgaben können wieder bewältigt werden.

Dr. Dr. Herbert Mück, Arzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapeut, warnt dennoch davor, Menschen, die von Verlust betroffen sind, vorzuhalten, wie sie zu trauern haben. Er betont, dass letztlich jeder Mensch individuell trauert. Auch die Forscher James Gilliesa vom Forensic Health Service in Albuquerque und Robert A. Neimeyer, Psychologe an der Universität von Memphis, betonen, dass es verschiedene Strategien der Verlustbewältigung gibt, die prinzipiell gleichberechtigt sind: Manche Trauerprozesse sind gekennzeichnet durch emotionales Durchleben der Trauer, andere durch den Versuch, das Geschehene zu verstehen, wieder andere durch Aktivitäten zur Bewältigung des entstandenen Chaos. Auch beschränktes Weiterfunktionieren bzw. Verdrängen kann eine funktionierende Art der Bewältigung sein. Manche Menschen trauern jahrelang, andere nur Wochen oder Monate. Männer stürzen sich eher auf Aktivitäten, Frauen reagieren mit Rückzug und Appelle um Hilfe. Für Außenstehende ist es wichtig zu akzeptieren, dass keine Form der Trauer nachweislich „besser“ oder „gesünder“ ist.

 

Den Verlust akzeptieren und aus Trauer lernen

Ein schwerer Verlust fühlt sich für viele Betroffene so an, als haben sie einen Teil ihrer Persönlichkeit verloren. Neue Strategien müssen entwickelt, emotionale Prozesse durchlebt, das eigene Weltbild der neuen Situation angepasst werden. Dies erfordert vor allem Zeit und Ruhe. Außenstehende tun gut daran, Betroffene zu unterstützen, indem sie vor allem deren individuelle Art der Trauer mit Achtung begegnen, sich immer wieder erkundigen, was die Betroffenen möchten und in mit ihnen in Kontakt bleiben.

Auch diese indirekte Art Trauer zu erleben, kann dazu führen, Neues zu lernen: Sie weist auf die Vergänglichkeit des Lebens hin und darauf, dass nichts selbstverständlich ist. Die Beschäftigung mit den Themen Sterben und Tod, die in unserer Gesellschaft geradezu tabuisiert werden, kann dabei helfen herauszufinden, was im Leben wirklich wichtig ist und Wege aufzeigen, sich um diese Dinge oder insbesondere Menschen zu kümmern, solange es noch möglich ist.

 

 

Quellen:
Gillies, J., & Neimeyer, R. A. (2006). Loss, grief, and the search for significance: Toward a model of meaning reconstruction in bereavement. Journal of Constructivist Psychology, 19(1), 31-65.

Kast, V. (2015). Trauern: Phasen und Chancen des psychischen Prozesses. Freiburg: Herder.

Mück, H. (2014). Umgang mit Trauer. abgerufen von: http://www.dr-mueck.de/HM_Depression/HM_Trauer.htm 03.04.2014

Ent-Täuschung

Trennungen und Verlassenwerden werden von uns anfangs immer als ein Raub an der Zukunft begriffen, gleichzeitig aber ist es auch ein Eröffnen zukünftiger Möglichkeiten, neuer und ungeahnter Wege.

So gesehen liegt im erlittenen Verlust, so schmerzlich er auch empfunden werden mag, die große Chance für die eigene Entwicklung. Man wird gefordert, das Leben „meint“ einen erneut. Wir können das Licht nur durch das Dunkel verstehen, wir unterscheiden den Tag nur, weil es die Nacht gibt. Ebenso nehmen wir erst in der Stunde der Trennung die Tiefendimension der Liebe wahr.

Ungewollte Trennung ist zwar zunächst als Verlassenwerden immer ein Blockieren der Zukunft, niemals aber ein endgültiges Auslöschen, was auch im Volksmund als „Das Leben geht weiter“ bezeichnet wird.

gepostet i.A. von Dr.Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Liebe und Lust. Mary Hahn Verlag