Wissenschaft: Vom Glauben und Berge versetzen…

„Nix is umsonst und sogar da Tod kosts‘ Leben“ – dies besagt ein altes bayrisches Sprichwort und gerade in der Arbeitswelt kennen wir sie alle: Mitarbeiter die um Punkt 17 Uhr den Bleistift fallen lassen. Im eigenen Projekt wird lieber auf Zeitlupenmodus geschaltet, anstatt dem überlasteten Kollegen unter die Arme zu greifen. Am Chef und der Firma wird kein gutes Haar gelassen. Konstruktive Verbesserungsvorschläge hört man kaum.

Doch es geht auch anders: Wie kommt es, dass manche durchaus bereit sind sich über den „Dienst nach Vorschrift“ hinaus für den Betrieb ein zu setzen? Ob Einarbeiten eines neuen Kollegen, freiwillige Weiterbildung, um neue Erkenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, oder aber der selbstgebackener Kuchen für die Belegschaft – „Freiwilligen Arbeitsengagement“ hat viele Gesichter. Dass es auch tatsächlich dazu kommt hängt vor allem mit der Arbeitsatmosphäre und dem organisatorischen Partizipationsgrad zusammen. Darüber hinaus spielt ein anderer Faktor eine herausragende Rolle: der Glaube an sich selbst.

Sozialpsychologen der Ruhr-Universität Bochum untersuchten eine Stichprobe von 126 Personen verschiedener Branchen und Positionen (10% Führungskräfte, 72% Mitarbeiter, 7% Selbstständige, 11% Auszubildende). Das Ziel der Studie bestand darin die wichtigsten Motivationsfaktoren zu identifizieren, welche Mitarbeiter dazu bewegen sich freiwillig zu engagieren. Dabei überprüften die Autoren das Modell von Parker et al. (2006), das vier Faktoren postuliert, die Einfluss auf das freiwillige Engagement haben:

1. Selbstwirksamkeit: „Ich kann diese Aufgabe bewältigen“

2. Kontrolleinschätzung: „Ich habe Kontrolle über den Aufgabenprozess und kann positiv auf das Ergebnis einwirken“

3. Veränderungsorientierung: „Ich fühle mich verpflichtet, konstruktiv an Veränderungsprozessen mit zu wirken“

4. Flexible Rollenorientierung: „Diese Aufgabe fällt in meinen Verantwortungsradius, ich fühle mich für die Lösung des Problems verantwortlich“

Es konnte empirisch gezeigt werden, dass der Glaube an sich Selbst, die Überzeugung einer Aufgabe gewachsen zu sein, in starkem Zusammenhang steht mit dem freiwilligen Arbeitsaufwand zu Gunsten der Organisation. Die anderen drei Faktoren, Kontrolleinschätzung, Veränderungsorientierung und flexible Rollenorientierung, belegten lediglich eine untergeordnete Rolle. Die Selbstwirksamkeit ist es, sie wirkt demnach als eine Art „Mediator“ zwischen Eigenverantwortlichkeit als Disposition und dem konkret gezeigten, freiwilligen Engagement (intentional, situationsangemessen, selbstgesteuert).

Welche Auswirkungen hat dieses eigenverantwortliche Arbeitsengagement noch? Nach Bierhoff und Kollegen (2012) verbessert sie die qualitative, sowie die quantitative Arbeitsleistung direkt. Auch die Kundenzufriedenheit erhöht sich nachweislich, weil der Mitarbeiter durch eigenverantwortliches Handeln flexibler auf die Wünsche des Kunden eingeht . Auch die freiwilligen Helfer selbst profitieren: durch das proaktive, freiwillige Verhalten wird auch Ihr eigenes Wohlbefinden erhöht (Brown, et al. 2009) – überdies die Identifikation mit dem Unternehmen und der eigenen Arbeit.

WinWin: Als Führungskraft an der Selbstwirksamkeitserwartung der Mitarbeiter an zu setzen, ist demnach für alle Seiten lohnenswert. Diese lässt sich am effektivsten steigern durch eine gezielte Verhaltensänderung: Wenn der Chef einem Mitarbeiter Aufgaben zutraut, die bislang nicht in seinem Aufgabenhorizont lagen und er dabei positive Ergebnisse erzielt, wird dieser Mitarbeiter bei der nächsten Aufgabe stärker an seine Fähigkeit glauben und vermutlich „mehr“ geben. Durch die erhöhte Selbstwirksamkeit und das „Anpacken von Problemen in Eigenregie“, können Erfolgserlebnisse geschaffen werden, die das von allen ersehnte Gefühl von „Yes – We can“ erzeugen. Diese Erfolgserlebnisse wirken wiederum als positiver Anreizwert zur Ausbildung und Aufrechterhaltung weiteren freiwilligen Arbeitsengagements.

Ein Engelskreis ist geboren. Worauf warten Sie noch? Fangen wir an.

Quellen:

Bierhoff, W., Lemiech, K. & Rohmann, E. (2012). Eigenverantwortung, Selbstwirksamkeit und freiwilliges Arbeitsengagement. Wirtschaftspsychologie, 1, 83-90.

Brown, S., Smith, D. & Schulz, R., et al. (2009). Caregiving behavior is associated with decreased mortality risk. Psychological Science, 20, 488-494.

Parker, S., Williams, H., & Turner, N. (2006). Modeling the antecedents of proactive behavior at work. Journal of Applied Psychology, 91, 636-652.

Glückliche Menschen sind erfolgreicher – und weniger burnoutgefährdet

Der als Lambarene-Arzt bekannt gewordene Theologe und Philosoph Albert Schweitzer komprimierte diese Erkenntnis in dem Satz:
„Erfolg ist nicht der Schlüssel zum Glück. Wenn Sie Ihre Tätigkeit lieben, werden Sie erfolgreich“.

Heute will die Welt für solche Aussagen empirische Absicherungen. Dafür engagierte sich ein Team von
renommierten Glücksforschern und verfasste eine bahnbrechende Studie, in der die Psychologen mittels empirischer Untersuchungen nachweisen konnten: Ja, positive Affekte werden belohnt durch Erfolg. Unter „positiven Affekten“ versteht man Freude bis hin zur Begeisterung sowie Zufriedenheit bis hin zum Glücksgefühl. „Belohnt durch Erfolg“ meint nicht nur den finanziellen Aspekt, sondern ein generell gelungenes Leben, also eine gute Partnerschaft, Erfüllung im Beruf, Erfolg in puncto Freundschaften und  Gesundheit, eine hohe qualitätsgeprägte Lebenserwartung, und das alles verbunden mit dem Gefühl, näher am eigenen Sinn des Lebens zu sein.

Diese Studie von Sonja Lyubomirsky, Laura King und Ed Diener stammt aus dem Jahr 2005. Jetzt, sieben Jahre später konnte eine andere Forschergruppe erneut empirisch nachweisen, dass diese Reihenfolge zu beachten ist: Diejenigen waren am Ende die erfolgreicheren, die zu Beginn eines Vorhabens bereits zufrieden bis glücklich waren und an sich geglaubt hatten. Dabei wurde das Gefühl von Zufriedenheit bzw. Glück in alle drei Zeit-Richtungen abgefragt: in der vergangenen Woche glücklich gewesen, optimistisch in die Zukunft schauen, und die Befindlichkeit im Augenblick. Zur Negativ-Abgrenzung wurde überdies gefragt nach depressiven Verstimmungen, Appetitlosigkeit oder Gefühlen von Verzweiflung.

Die Studienleiterin, die in Kalifornien arbeitende deutsche Psychologin Claudia Haase, fasste die erfreulichen Zusammenhänge zwischen Glück und Erfolg so zusammen „Menschen mit ausgeprägtem positiven Affekt investieren mehr Zeit und Mühen, um ihre Ziele zu erreichen und lassen sich von Rückschlägen nicht aufhalten, weil sie davon überzeugt sind, dass sie diese Ziele aus eigener Kraft erreichen können“.

Demzufolge wären Unternehmer gut beraten, wenn sie ihren Mitarbeitern ein Glückstraining ermöglichen (oder selbst eines besuchen): Eine humane Win-win-Investition, die allen nur Vorteile liefert.

Quellen: 
Haase Claudia, Poulin Michael, Heckhausen Jutta: Happiness as a Motivator: Positive Affect Predicts Primary Control Striving for Career an Educational Goals. 
Personality and Sozial Psychology Bulletin 2012.

Lyubomirsky Sonja, King Laura, Diener Ed: The Benefits of Frequent Positive Affect: Does Happiness Lead to Success? 
Psychological Bulletin Vo. 131, Nr.6, 803-855, 2005.

Schönheit ist nicht immer von Vorteil

Debralee Lorenzano wurde aus ihrem Job bei einer angesehen New Yorker Bank gefeuert, weil sie zu hübsch ist – das behauptet sie jedenfalls. Es könnte sein, dass sie damit Recht hat. Zumindest haben es hübsche Menschen entgegen aller Vorurteile nicht immer leichter als graue Mäuse. Und ab und zu sogar schwerer.

Das belegt eine Studie der Münchner Psychologin Maria Agthe. Sie untersuchte das Verhalten von Chefs bei der Bewerberauswahl und entdeckte eine interessante Tatsache: Waren die Chefs selbst relativ attraktiv, so stellten sie Bewerber unabhängig von ihrem Aussehen ein. Waren die Chefs selbst allerdings eher unattraktiv, so hatten attraktive Bewerber gleichen Geschlechts weniger Chancen.

Die Forscherin vermutet, dass ein hübsches Gesicht eine Konkurrenz für den eigenen Status darstellt und deshalb eher abgelehnt wird. Männliche und weibliche Führungskräfte taten sich übrigens gleichermaßen schwer, hübsche Mitarbeiter einzustellen. Allerdings aber nicht, wenn die potentiellen KollegInnen anderen Geschlechts waren. Fazit: Ist die/der Personalverantwortliche anderen Geschlechts, dürfen Sie ihn/sie ruhig „beeindrucken“. Ist er/sie gleichen Geschlechts, verringern sich die eigenen Chancen, je attraktiver Sie wirken.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: managerseminare 9/2010

Gutes Betriebsklima zahlt sich aus

Freundliches Miteinander und ein höflicher Umgangston unter Kollegen schlagen sich direkt im Umsatz nieder. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der University of Southern California, Los Angeles.

Die Forscher beobachteten über eine gewisse Zeit die Kundenzufriedenheit und den Absatz in geschäften, Restaurants und Banken. Dann setzten sie diese wichtigen Faktoren in Beziehung zum Umgang der Belegschaft untereinander. Dabei zeigte sich, dass Kunden, die einen eher rauhen Umgangston bemerkt hatten, weniger positiv über das Unternehmen urteilten und weniger kauften – auch dann, wenn sie selbst freundlich und zuvorkommend behandelt wurden.

Herrschte allerdings ein für die Kunden sichtbar gutes Arbeitsklima, fühlten sie sich wohl und waren bereit, dem Unternehmen mehr zu vertrauen. Sie Studie belegt, dass Kundenorientierung und Kundenbindung bereits bei der Betriebsklimahygiene beginnt.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: FAZ, 25.07.2010

Die Gründerpersönlichkeit (2)

Im Beitrag vom 5.10.2010 berichteten wir über die „Angst vor dem Scheitern“, die viele Unternehmensgründungen schon im Keim erstickt. Diese Angst scheint spezifisch deutsch zu sein, denn bei den Unternehmensneugründungen schneidet Deutschland schon seit Jahren im internationalen Vergleich schlecht ab.

Bleibt die Frage: Was braucht ein Unternehmensgründer eigentlich – außer geringer Angst vorm Scheitern? Welche Fährigkeiten und Eigenschaften muss er/sie mitbringen, damit die Gründung nicht schon in der Anfangsphase schiefgeht?

Für Professor Günter Müller, Co-Autor einer groß angelegten Studie des BDP (Berufsverband deutscher Psychologen und Psychologinnen) besteht die „unternehmerische Eignung“ zunächst aus einigen wichtigen Persönlichkeitsfaktoren: Sie lieben Aufgaben, die sie herausfordern. Sie haben ein Faible für Freiheit und Unabhängigkeit. Und sie schreiben Erfolge ihren eigenen Fähigkeiten zu, während sie Misserfolge auf widrige Umstände schieben. Das alles hilft, „dabei zu bleiben“, selbst wenn es einmal nicht so gut läuft. Denn Rückschläge und Unsicherheit muss man aushalten können.

Mindestens für genauso wichtig hält Müller solche Fertigkeiten, die durch Bildung und Training erfahren werden: Sozialkompetenz, Zeitmanagement, Selbstmanagement und Resilienz. Wer glaubt, als fertiger Unternehmer auf die Welt gekommen zu sein, hat wahrscheinlich übersehen, dass er/sie ein der eigenen Sozialisation die wichtigsten Verhaltensregeln und Eigenschaften erst lernen musste.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: http://www.bdponline.de/web/newsletter/2010/05.html

„Ein großes Glas Wasser, bitte!“ „Mhm, ein großes Glas Wasser.“

Eine einfache Strategie, um beim Kommunikationspartner Sympathie hervorzurufen ist, seine Worte zu wiederholen. Das sollte natürlich unaufdringlich geschehen und letztlich einfach dem Partner signalisieren: Ich habe dich verstanden, ich weiß was du willst, wir sind auf einer Ebene.

Der niederländische Forscher Rick van Baaren hat dieses Phänomen anschaulich im Experiment untersucht: Er ließ Kellner die Bestellungen ihrer Gäste auf zwei verschiedene Arten aufnehmen: Die Hälfte der Bestellungen hörten sie sich kommentarlos an, bei der anderen Hälfte der Bestellungen wiederholten sie ganz einfach das Gesagte: „So, Sie bekommen den Rotbarsch mit Kartoffeln, dazu ein großes Wasser….“

Die „Sympathie“ maß van Baaren mit der Menge des Trinkgeldes, die die Kellner am Ende erhielten. Und tatsächlich gaben die Gäste in der „Mimikry-Bedingung“, in der ihre Bestellung wiederholt worden war, mehr Geld. Van Baaren zog aus seiner Studie den Schluss, dass unaufdringliches Nachahmen unserer Kommunikationspartner zu prosozialem Verhalten führt.

Übrigens: Carl Rogers, der Vater der klientenzentrierten Psychotherapie, nannte als einen seiner Grundsätze der Therapie das „Paraphrasieren“, sprich: Das Wiederholen und Umschreiben der Dinge, die seine Klienten ihm erzählten. Aus zwei Gründen schuf er dadurch eine Atmosphäre der Sympathie und der gegenseitigen Akzeptanz: Erstens konnte er so selbst noch einmal überprüfen, ob er seine Klienten wirklich verstanden hatte. Und zweitens fühlten sich die Klienten besser verstanden oder konnten gegebenenfalls ihre Aussagen noch einmal relativieren.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Van Baaren, RB et al. (2003). Mimicry for Money: Behavioral Consequences of Imitation. Journal of Experimental Social Psychology, 39, 393-398.