Tausche Eheglück gegen Familienglück?

Oft wird ein Kind als Vervollständigung einer Beziehung oder als Krönung der Liebe gesehen. Mit dem Kind erhoffen sich viele Paare eine Neuerung und eine Veränderung. Es beginnt ein neuer Abschnitt im Leben – die eigene Familie. Diese Idealvorstellung von der Krönung der Liebe ist sehr angenehm, doch entspricht sie auch der Realität?

US-Forscher haben nun herausgefunden, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Das erste Kind führe nicht nur nicht zu einer Erhöhung des Eheglücks, sondern es belaste es sogar!

Die Studie der Psychologen Brian Doss der University of Texas und Scott Stanley und Kollegen der University of Denver zeigte: Kinder können zu vermehrten Problemen und Stress in der Beziehung führen. Der achtjährigen Langzeitstudie mit 218 Paaren nach erlebten 90% der Paare eine deutliche Verschlechterung der Ehezufriedenheit nach der Geburt des ersten Kindes.

Allerdings gaben die Forscher zu bedenken, dass sich auch bei Paaren ohne Kinder die Qualität der Ehe mit der Zeit vermindere. Dennoch beschleunige ein Kind diese Verschlechterung, und zwar insbesondere in Bezug auf die Phase der Anpassung kurz nach der Geburt, so Stanley.

Die Studie zeigte auch, dass Paare, die vor der Heirat bereits zusammenlebten, mehr Probleme nach der Geburt des Kindes hatten, als Paare, die vor der Ehe nicht zusammen lebten. Dies galt auch für die Teilnehmer, deren Eltern geschieden waren oder sich in der Scheidung befanden.

Wichtig dabei: Die Ergebnisse trafen nicht auf alle Paare ohne Einschränkung zu. Es gab auch Paare, die von einer Verbesserung und einer Stärkung der Beziehung nach der Geburt ihres ersten Kindes berichteten!

Es scheint, als hatten die Paare, die schon länger verheiratet waren und ein höheres Einkommen hatten, klare Vorteile und weniger Probleme als solche mit einem geringeren Einkommen und einer kürzeren Ehe.

Stanley warnte jedoch vor der Schlussfolgerung, dass die gesamte Lebensfreude durch Kinder beeinträchtigt wäre. „Es gibt verschiedene Arten von Glück“, so Stanley, „und selbst wenn ein Teil des Glanzes des Eheglücks verschwinden mag, ergibt sich eine ganz neue Dimension des Familienglücks und der Zufriedenheit, basierend auf der Familie.“ Diese neue Art von Glück sei kraftvoll und positiv, aber nicht Teil dieser Studie gewesen.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Duss, B.D., Rhoades, G.K., Stanley, S.M.,Markman, H.J.(2009):The effect of the transition to parenthood on relationship quality: an 8-year prospective study. Journal of Personality and Social Psychology, 96 (3): pp. 601-619

Schlaf und Streit – Ein Teufelskreis

SLEEP 2009, die diesjährige Konferenz der Professional Sleep Societies brachte wieder einige aufweckende Erkenntnisse.

Ein Fokus der Konferenz lag auf dem Thema ‚Schlaf und Partnerschaft‘. In einer derzeit noch laufenden Studienserie von Brant Hasler (University of Arizona) wird die Verbindung von Schlaf- und Beziehungsqualität untersucht. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass es bei Frauen und Männern Unterschiede gibt.

In seiner Untersuchung sollten Paare über einen Zeitraum von 7 Tagen über Ihre Schlaf- und Beziehungsqualität Buch führen. So kann man identifizieren, ob schlechter Schlaf ursächlich für Konflikte ist oder umgekehrt.

Bei Männern führt besserer Schlaf nun zu einer positiveren Einschätzung der Beziehungsqualität am nächsten Tag.
Frauen hingegen sahen die Sache anders: Streit und Konflikt untertags führten dazu, dass sie schlechter schliefen. Zudem schätzten sie auch den Schlaf des Partners schlechter ein.

Vor Abschluss der Studien darf noch über die Ursachen der unterschiedlichen Einschätzungen diskutiert werden. Männer sind vielleicht viel eher reizbar, wenn sie schlecht geschlafen haben. Frauen nehmen die Probleme des Tages vielleicht eher ‚mit ins Bett‘. Eines ist jedoch jetzt schon klar: Es existiert ein Teufelskreis aus schlechtem Schlaf und Beziehungsproblemen.

Wie kommt man dem bei? Hasler behauptet, dass es zunächst egal sei, ob man bei der Schlaf- oder bei der Partnerschaftsqualität ansetzt, denn beide bedingen sich gegenseitig. Er empfiehlt aber, beide Faktoren zu berücksichtigen: „Paare sollten ihre Streitereien zumindest teilweise lösen oder ganz beilegen, bevor sie zu Bett gehen.* Und sie sollten Konfrontationen an Tagen vermeiden, an denen einer von beiden zuvor schlecht geschlafen hat.“

Ein einfaches Mittel, um Eskalation zu vermeiden, ist deshalb: Zu Erkennen, wenn der Partner ‚mit dem falschen Fuß aufgestanden‘ ist. Oft machen wir das intuitiv richtig und vertagen Diskussionen mit solchen Sätzen wie ‚komm, lass uns morgen in Ruhe darüber reden‘ – unter besseren Voraussetzungen eben.

Wir verfolgen mit großer Spannung die laufenden Studien dazu im Sleep Research Lab der University of Arizona.

*Eigentlich wie Großmutter früher empfohlen hat: „versöhnt euch, bevor ihr schlafen geht“


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Hasler, B. (2009). Sleep Disturbance and Daily Relationship Quality in Couples: Evidence for Bidirectional Associations

Psychologische Begriffe: „Metakommunikation“ – Gespräche optimieren

Metakommunikation bedeutet ‚Kommunikation über Kommunikation‘. Die Gesprächspartner wechseln dabei in einer Debatte die Perspektive und sehen sich ihre Kommunikationssituation ‚von oben‘ an.

Ein einfaches Beispiel: „Ich ärgere mich darübert, dass du mich die ganze Zeit unterbrichst. Wie sollen wir so vernünftig diskutieren?“ Man steigt also aktiv aus der Diskussion aus und zwingt den Gesprächspartner, zusammen kurz über den Gesprächsprozess zu reflektieren. Metakommunikation ist damit eine selbst vorgenommene Analyse der Kommunikationssituation mit dem Ziel, Kommunikationsprobleme zu verdeutlichen, deren Ursachen zu ergründen und sie zu lösen.

Ein anderes Beispiel. Meeting: „Momentan verläuft die Diskussion nur zwischen uns beiden. Möchten die anderen Teilnehmer auch etwas beitragen? Finden Sie das Gespräch zielführend, langweilen Sie sich oder sind Sie ganz anderer Meinung?“ Nun sind die anderen Teilnehmer aufgefordert, sich zum Verlauf der Diskussion zu äußern. Ziel ist, alle wieder in die Diskussion einzubinden.

Und nun betreiben wir einmal ‚präventive Metakommunkation‘: Wie sollte man allgemein Kommunikationssituationen strukturieren, damit sie effizient und effektiv verlaufen? Aus der Forschung zur Metakommunikation lassen sich einige einfache Handlungsempfehlungen ableiten, die im Vorfeld jeder Diskussion geklärt werden können:

  • Einander zuhören und ausreden lassen
  • Aktiv zuhören: Nachfragen, Verständnis signalisieren, Paraphrasieren.
  • Sich gegenseitig zu verstehen geben, wie das Gespräch empfunden wird.
  • Thematisch am gerade Gesagten anknüpfen
  • Beschimpfungen und Sarkasmus vermeiden
  • „Ich-Botschaften“ statt „Du-Botschaften“ senden
  • Den anderen die Chance geben, die eigene Position besser zu verstehen

Angewandte Forschung hat gezeigt, dass sich Gesprächsrunden sehr rasch optimieren lassen, wenn man diese Punkte vorab klärt und sich nach den Gesprächen kurz darüber austauscht, ob sie eingehalten worden sind. Zusätzlich kann man die Effizienz von Gruppendiskussionen um ein Vielfaches steigern, wenn man einen Moderator bestimmt, der während der Diskussion die Einhaltung der Kommunikationsregeln überprüft und bei Verletzungen regulierend eingreift.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Beziehungssprengstoff – Wie Männer richtig auf die falschen Fragen reagieren können

„Schatz -bin ich dick?“ Tja, was sagt man darauf? Wenn die Partnerin solche und ähnliche Sachen fragt, stehen die Männer oft ganz schön dumm dar. Denn die Wahrheit ist bei vielen Fragen nicht immer die beste Antwort. Jeweils zum Wochenende erklärt Dr. Stephan Lermer die größten Sprengstofffragen der Damen – und die besten möglichen Antworten der Herren. In Kooperation mit ZDF – Hallo Deutschland“

Teil 1: „Schatz, was soll ich anziehen? Ich passe ja in gar nichts mehr rein!!!“

Antwort: Bitte Video starten.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Reden hilft

Seit Wochen schon kriselt es. Die Ausprache gestern war eine Farce. Es war falsch, was er behauptet hat. Es war demütigend, verletzend und vor allem falsch. Den ganzen Tag schon plagen Sie Gefühle von Ärger und Enttäuschung.

Beim Mittagessen treffen Sie einen Bekannten. Während des Gesprächs denken Sie an die misslungene Aussprache. Sie sind unkonzentriert. Als Ihr Gesprächspartner es merkt und fragt, was los sei, erzählen Sie es ihm. Er hört gut zu und fragt geschickt und unaufdringlich nach. Nach und nach fühlen Sie sich besser. Sie merken, wie Ihr Ärger und Ihre Enttäuschung nachlassen. Sie beschließen, das Thema noch einmal anzusprechen und eine Lösung zu finden.

Sich den Frust von der Seele zu reden hilft wirklich. Ein Freund, ein Therapeut oder ein Bekannter, der bereit ist, Informationen vertraulich zu behandeln – sie alle können mehr oder weniger helfen, negative Gefühle besser zu verarbeiten und Probleme lösungsorientiert anzugehen oder in einem neuen Licht zu sehen.

Die Hirnforschung bestätigt diese uralte Weisheit jetzt mit Hilfe neurophysiologischer Belege. Forscher der University of California entdeckten Gehirnareale, die für die Emotionsregulation während Gesprächen über negative Sachverhalte verantwortlich sind. Ihre Probanden sahen Bilder von traurigen oder verärgerten Menschen, während ihre Gehirne mittels funktioneller Magnetresonanztomografie untersucht wurden.

Die Probanden hatten zunächst die Aufgabe, den Personen, die sie sahen, Namen zu geben. Anschließend sollten sie die Gefühle der Menschen beschreiben. Im Vergleich zu einer Versuchspersonengruppe, die die Bilder einfach nur beschreiben sollten, war bei den Probanden, die den Bildern Namen gaben, die Amygdala aktiver – eine Gehirnregion, die für das Erkennen von negativen Emotionen und die Reaktion darauf zuständig ist. Sie gaben auch an, stärker emotional von den Bildern betroffen zu sein.

Während der anschließenden Beschreibung der Gefühle der Personen auf den Bildern ging die Amygdala-Aktivität allerdings deutlich zurück – sogar unter das Ausgangsniveau der Gruppe, die die Bilder einfach nur beschreiben sollte und damit keinen persönlichen emotionalen Bezug dazu hatte. Zugleich zeigte der ventrolaterale präfrontale Cortex (VLPC) bei der Beschreibung der Gefühle stärkere Aktivierung.

Der VLPC ist an der Impulskontrolle beteiligt und könnte helfen, starke emotionale Reaktionen zu unterdrücken. Dies könnte wiederum zur Folge haben, dass wir uns beruhigen, Abstand gewinnen und so wieder klar und lösungsorientiert denken können.

In den nächsten Jahren wird die Hirnfoschung weitere grundlegende Erkenntnisse über die Wirkungsweise heilender Gespräche zu Tage fördern. Sicher ist: Über Probleme, Ärger und Enttäuschungen bewusst zu sprechen trägt enorm zu deren Bewältigung bei.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer

Quelle: Lieberman, M. et al. (2007). Putting feelings into words: Affect labeling disrupts amygdala activity in response to affective stimuli. Psychological Science, 18, pp. 421-428

Mann-Frau-Beziehung: Meinungsverschiedenheit contra Streit

(Dr. Stephan Lermer im BR: Radiointerview-09/2008)