Reicht ein Lottogewinn zum Glücklichsein?

Dr. Lermer im Gespräch mit der Badischen Zeitung über den Zusammenhang mit Geld und Glück:

Die Achterbahnfahrt eines Lotto-Millionärs aus dem Breisgau

Weitere Tipps von Dr. Lermer im Berliner Kurier:

So tickt Berlins neuer Lotto-König

Depression von A bis Z

Dr. Lermer im Gespräch mit „Hallo München“ zum Thema Depression:
Wie Betroffene mit ihrer Erkrankung umgehen können und ihnen ihr Umfeld helfen kann.

Depression: So beugen Sie vor

Bevor die Seele ausbrennt: Was hilft gegen Stress?

Ständiger Termindruck, Hektik, Dauerbelastung, kaum Zeit für sich selbst… So sieht der Alltag vieler Menschen aus. Laut einer bisher unveröffentlichten Forsa-Umfrage schätzen fast die Hälfte aller Befragten ihre tägliche Belastung als stark bis sehr stark ein (!).  Bevor jedoch der Stress überhand nimmt und es zu einem sog. Burnout kommt, ist es wichtig, die Ursachen der Belastung zu kennen und zusätzlich für Entspannung zu sorgen.

 

Für viele Menschen bedeutet Alltag das Einhalten von Terminen, körperliche oder psychische Belastungen sowohl an ihrem Arbeitsplatz als auch in ihrer Familie und fast ständige Anspannung. Die Folgen sind Physische und psychische Einschränkungen, die auf Dauer zu ernsthaften Erkrankungen führen können. Wie aber kann man diesem Dauerstress entgegenwirken? Wissenschaftler untersuchten nicht nur unterschiedliche Entspannungsmethoden, sondern fanden auch heraus, dass Stress bei Männern und Frauen unterschiedliche Folgen hat.

 

Stresssymptome

Physische Symptome, die von Dauerbelastung ausgelöst werden, sind weit verbreitet. Schlafstörungen, Rücken- oder Kopfschmerzen zählen hierzu. So gibt laut einer Umfrage der DAK jede/r zweite Kopfschmerzgeplagte an, Stress als Auslöser für sein/ihr Leiden auszumachen. Besonders betroffen scheint die Gruppe der 30- bis 59-Jährigen zu sein: hier nennen über 50% Anspannung als Hauptursache ihrer Kopfschmerzen. Doch auch psychische Probleme werden durch Stress verursacht. Depressionen und Burnout führen zu immer höheren Fehlzeiten am Arbeitsplatz. Psychische Erkrankungen sind seit 2014 sogar die Hauptursache für Krankschreibungen, wie ebenfalls aus einer DAK-Umfrage hervorgeht.

Frauen leiden deutlich häufiger unter Stress als Männer. Dies kann oft auf ihre Doppelbelastung zurückgeführt werden: Viele Frauen sind beruflich eingebunden und müssen sich zusätzlich um die Familie und den Haushalt kümmern, wobei sie durch ihre Männer nicht die nötige Entlastung erfahren.

Doch konnten Forscher auch andere geschlechtsspezifische Unterschiede ausmachen.

 

Stress macht Männer egozentrisch und Frauen empathisch

Das ist die Kurzfassung der Ergebnisse einer Studie von Neurologen der Universität Wien, die der Frage nachging, wie sich Stress auf die Fähigkeit auswirkt, sich in andere hineinzuversetzen. Unter Stress verhielten sich die männlichen Probanden dieser Studie egozentrischer und weniger empathisch, die weiblichen Versuchspersonen jedoch konnten besser zwischen selbst- und fremdbezogenen Emotionen und Kognitionen unterscheiden – eine Fähigkeit, die als Grundlage für Empathie gilt. Für diese Unterschiede werden biologische Ursachen vermutet: So schütten Frauen unter Stress mehr Oxytocin aus, ein Hormon, das einen starken Einfluss auf die soziale Interaktion hat. Denkbar sind auch erziehungsbedingte und kulturelle Einflüsse, die dafür sorgen, dass sich Frauen in Stresssituationen empathischer verhalten.

Wenn aber kulturelle Einflüsse wirken, könnten sie nicht grundsätzlich Ursache von Stress sein?

 

Stress – ein Statussymbol?

Von dieser These gehen einige Sozialkritiker aus, die behaupten, dass die Aussage, man stünde unter Stress, ein Bekenntnis zum Leistungsprinzip und zum Wettbewerb sei. Somit bliebe den Menschen gar nichts anderes übrig, als zu behaupten, sie stünden unter Stress – und würden diesen dann auch empfinden. Das klingt zunächst weit hergeholt. Dennoch lohnt es sich, kurz darüber nachzudenken, wie man wohl darauf reagieren würde, wenn jemand sagte, er stünde an seinem Arbeitsplatz gar nicht unter Stress – er habe eine völlig stressfreie Arbeitsstelle. Würde man diesem Menschen nicht in gewissem Maß seine Tüchtigkeit absprechen?

 

Wirksame Entspannungsmethoden

Ob nun gesellschaftlich verursacht, biologisch verstärkt oder individuell unterschiedlich empfunden – wer unter Stress steht, muss Methoden finden, um zu entspannen. Sonst wird die seelische Belastung auf Dauer zu stark. Auch bei den Methoden zur Entspannung unterscheiden sich die Geschlechter: Sport treiben oder im Internet surfen scheint eine eher „männliche“ Entspannungsmethode zu sein, während Frauen dem Alltag gern mit einem Buch entfliehen.

Neurowissenschaftlicher entdeckten das Meditieren als Mittel gegen Stress und konnten bei ihren ProbandInnen nicht nur das empfundene Stresslevel reduzieren, sondern auch erstaunliche Veränderungen im Gehirn nachweisen. Der nächste Blog-Eintrag wird sich daher mit dieser Methode genauer befassen.

 

 

Quellen:
Fokus 37/2015. Frauen leiden mehr unter Stress. (S. 15).

Fokus online 11.10.2013. Kopfschmerz-Geplagte sehen Stress als häufigsten Auslöser.

Kissler, A. (2013). Die Stress-Lüge. Cicero online. 12.11.2013

Münchner Merkur, 11.09.2015. Kranke Psyche führt zu Fehltagen. S. 29.

Spiegel online 11.08.2014. Fehlzeiten wegen psychischer Belastung steigen stark.

Tomova, L., von Dawans, B., Heinrichs, M., Silani, G., & Lamm, C. (2014). Is stress affecting our ability to tune into others? Evidence for gender differences in the effects of stress on self-other distinction. Psychoneuroendocrinology, 43, 95-104.

 

Spezial zu Partnerschaft und Ehe: Konfliktstile: Gefahren und Chancen für die Partnerschaft

Der Umgang mit Konflikten ist ein entscheidender Faktor für die Entwicklung einer Partnerschaft. Der richtige Umgang mit ihnen kann zum erfreulichen Gelingen, der falsche jedoch unweigerlich zum fatalen Scheitern führen. Wie geht man nun mit Konflikten richtig um? Psychologische Studien offfenbaren, dass diese Frage stets individuell und zusätzlich nur zusammen mit dem/der PartnerIn beantwortbar ist.

Keine zwei Menschen ticken zu hundert Prozent gleich. Beim Zusammenleben sind daher Meinungsverschiedenheiten, kleinere und größere Reibereien sowie Streit geradezu unvermeidbar. Selbst dann, wenn man die gleichen Ziele, Werte und Träume teilt. Das Aufkommen eines Konflikts ist nicht gleichbedeutend mit dem drohenden Ende einer Partnerschaft – hier ist jedoch entscheidend, wie beide Partner damit umgehen. Dafür gibt es keine Patentlösung, die für alle gelten könnte. Psychologen der Universität Washington untersuchten in Langzeitstudien verschiedene Konfliktstile und deren Auswirkungen auf die Partnerschaft.

 

Drei markante Stile, wie Konflikte ausgetragen werden: Validators, Volatiles und Avoiders

Die Forschungsarbeit von Dr. Janice Driver und ihren Kollegen der Universität in Washington, in der über 300 Paare regelmäßig befragt wurden, ergab zunächst drei Stile, in denen Konflikte innerhalb von Partnerschaften ausgetragen werden. Sie beschreiben sie als Validators, Volatiles und Avoiders.

Bei Validators (engl. to validate: anerkennen, bestätigen, für gültig erklären) tauchen Meinungsverschiedenheiten grundsätzlich selten auf. Wenn beide ein Konfliktpotential erkennen, sprechen sie es offen und respektvoll an und sind dann schnell kompromissbereit. Sie akzeptieren die Emotionen und Ansichten ihres Partners, engen einander nicht ein und zeichnen sich durch starken gegenseitigen Respekt aus.

Bei Volatiles (engl. volatile: explosiv, brisant, verfliegend) dagegen geht es oft heiß her. Sie tragen ihre Konflikte mit Eifer aus, engagieren sich stark und leidenschaftlich. Diese Leidenschaftlichkeit zeigt sich aber nicht nur in Konfliktsituationen: Sie sind damit auch in der Lage,  ihre Wärme und Zuneigung füreinander sehr deutlich auszudrücken. So schaffen sie es, die negativen Emotionen, die während eines Konflikts entstehen, im Alltag wieder auszugleichen. Für sie ist es vorrangig wichtig, in jeder Situation deutliche Worte zu finden, und das erwarten sie auch von ihrem/r PartnerIn. So begegnen sie einander – auch während eines heftigen Streits – konsequent auf Augenhöhe.

Avoiders (engl. to avoid: vermeiden, umgehen, sich enthalten) jedoch vermeiden Konflikte, wo immer es möglich ist. Sie minimieren ihre Probleme, betonen positive Aspekte und blenden negative aus, um ja keine Konflikte entstehen zu lassen und den Alltag möglichst harmonisch zu gestalten. Entstehen dennoch Probleme, die sich nicht ad hoc lösen lassen, dann einigen sie sich lieber darauf, sich nicht einigen zu können, statt sich zu streiten („let’s agree to disagree“).

 

Der richtige Umgang mit Konflikten: Die gleiche Augenhöhe ist wichtig

Betrachtet man die drei Konfliktstile, die Dr. Driver und ihre Kollegen beschreiben, findet man sich gar selbst in einem davon wieder, stellt sich die Frage, welcher dieser Stile denn nun der Beste sei. Andersherum betrachtet: Welcher Stil mag für eine Beziehung am wenigstens förderlich sein?

Dr. Driver und ihre Kollegen gingen zunächst von der Annahme aus, dass vor allem Avoiders, Menschen also, die Konflikte möglichst immer vermeiden möchten, im Alltag schlechte Chancen haben, ihre Partnerschaft dauerhaft glücklich zu gestalten. So waren die Forscher sehr überrascht, als ihre Ergebnisse diese Vermutung nicht bestätigten. Im Gegenteil: Keiner der beschriebenen Konfliktstile zeigte sich als besonders vorteilhaft oder ungünstig (!).

Nicht der Konfliktstil selbst entscheidet also über Erfolg oder Scheitern einer Partnerschaft, sondern die Tatsache, dass die gleiche Art, mit Konflikten umzugehen, für beide Partner funktioniert. Nur so sind Begegnungen auf Augenhöhe möglich. Genau das ist aber entscheidend. Eine Person, die Konflikte lieber ganz vermeidet, wird mit jemandem, der gern leidenschaftlich streitet, kaum zurecht kommen. Jemand, der das Bedürfnis hat, Unstimmigkeiten sofort anzusprechen, wird Vermeidungsverhalten seines/r PartnerIn womöglich als Desinteresse missinterpretieren. Ein Mensch, der all seine Gefühle leidenschaftlich auszudrücken gewohnt ist, wird in jemandem, der sofort versucht, Kompromisse zu finden, kein adäquates Gegenüber finden.

Fazit: Der gleiche Konfliktstil muss also für beide Partner passen.

 

Die Forschungsergebnisse, die in dem Blog-Spezial zu Ehe und Partnerschaft präsentiert wurden, lassen deutlich erkennen: Weder die Anzahl der Konflikte noch der Konfliktstil bringt eine Beziehung zum Scheitern. Vielmehr ist es die Art, wie beide mit Konflikten umgehen. Und jede Form von Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten muss anschließend durch positive Interaktionen im Alltag wieder ausgeglichen werden. Gerade der gemeinsame Alltag zählt: Respekt und Zuneigung, die beide im alltäglichen Umgang miteinander zeigen, sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren einer Partnerschaft. Nur damit kann eine Partnerschaft auf Dauer glücklich gestaltet werden.

 

 

Quellen:
Driver, J., Tabares, A., Shapiro, A., Nahm, E. Y., Gottman, J. (2003). Interactional patterns in marital success and failure: Gottman laboratory studies. In F. Walsh (Ed.) Normal family process: Growing diversity and complexity (3rd ed., pp. 493-513) New York: Guilford Press.

Spezial zu Partnerschaft und Ehe: Was kennzeichnet glückliche Paare?

Das verflixte vierte Jahr: Vielen Paaren stellen sich gerade in diesem Zeitraum besondere Herausforderungen, denn die körpereigenen Glücks- und Bindungshormone sinken dann auf ihren tiefsten Stand. Haben es die Partner jedoch bis zu dieser Zeit geschafft, ihre Beziehung auf ein festes Fundament zu stellen, könnte das Erhoffte gelingen, auch weiterhin glücklich miteinander zu sein. Interviews, die Forscher mit älteren und glücklich verheirateten Paaren geführt haben, offenbaren, wie.

Sehr oft konzentrieren sich Forschung und auch Lebensratgeber auf spezielle Fehler, wodurch sich Menschen unzufrieden in ihrer Partnerschaft fühlen und die Beziehung letztlich daran scheitern lassen. Oft werden biologische Prozesse, wie z.B. das Absinken der Hormone Dopamin und Oxytocin für Schwierigkeiten verantwortlich gemacht und die Folgen daraus geradezu als unvermeidlich erklärt.

Ein Beispiel: In einer Studie zum Thema sexuelle und emotionale Eifersucht kommen Forscher zu dem Schluss, dass heterosexuelle Männer ein wesentlich größeres Problem mit sexueller Untreue ihrer Partnerinnen haben, während bei Frauen die emotionale Untreue ihrer Partner zu Eifersucht führt. Als Grund wird hierfür die biologisch begründete Verunsicherung des Mannes angegeben, ob er dann nun wirklich der genetische Vater potentiellen Nachwuchses wäre. Die Frau fürchtet eher die Gefahr, die Position der first lady bei ihrem Partner zu verlieren.

Diese evolutionspsychologischen Herleitungen erscheinen zwar oft sehr plausibel, sind aber einerseits nicht beweisbar und können andererseits diese biologischen Mechanismen nicht einfach auflösen, nur weil man sie jetzt zu kennen glaubt. Der Alltag beweist jedoch: Menschen müssen diesen Mechanismen nicht hilflos ausgesetzt bleiben.

 

Interaktionsmuster als Kennzeichen glücklicher Paare

In einer alternativen Herangehensweise konzentrierten sich Dr. Janice Driver und ihre Kollegen der Universität in Washington auf Merkmale, die glückliche Paare kennzeichnen. In der Hoffnung, Möglichkeiten zu entdecken, wie Menschen über Jahre hinweg glücklich miteinander sein können, lag ihr Fokus auf alltäglicher und nicht konfliktgeprägter Kommunikation. Tatsächlich konnten sie in Langzeitstudien verschiedene Faktoren ausmachen, wann die Partnerschaft auf Dauer als glücklich empfunden wurde.

 

Zuwendung

Einer der wichtigsten dieser Faktoren scheint das zu sein, was Dr. Driver und ihre Kollegen als „Zuwendung innerhalb partnerschaftlicher Interaktion“ bezeichneten. Hierzu wurden Paare eingeladen, eine Woche lang in einem Apartment zu wohnen, um dort 12 Stunden am Tag von den Forschern beobachtet zu werden. Jede Form der Initiierung von Interaktion – ob verbal oder lediglich durch einen Blick oder eine Geste – wurde gezählt und die Reaktion des/der PartnerIn darauf beobachtet. Denn jede Initiierung einer Interaktion bietet die Möglichkeit, die Beziehung zu verbessern oder zu verschlechtern. Auf eine solche Initiierung kann positiv reagiert werden, sie kann aber auch Ablehnung hervorrufen oder völlig ignoriert werden. Bei der Auswertung ihrer Beobachtungsdaten konnten die Forscher feststellen, dass Paare, die sich zuvor als glücklich miteinander bezeichnet hatten, nicht nur deutlich öfter Interaktion initiierten, sondern dass auf diese Initiierung auch wesentlich öfter positiv reagiert wurde. Positive Reaktionen fördern die emotionale Verbundenheit und die Partnerschaft, während Ablehnung und Ignoranz zu Distanz und Unzufriedenheit führen.

Sicher ist es im Alltag nahezu unmöglich, wirklich jeden Blick, jede Geste, jedes Wort des Gegenübers zu bemerken und darauf positiv zu reagieren. Dennoch deuten die Ergebnisse von Dr. Driver darauf hin, dass glückliche Paare dies öfter schaffen – was wiederum dazu führt, auch weiterhin glücklich miteinander zu sein.

 

Der Alltag zählt

Bei dieser und auch vielen anderen Untersuchungen dieser Studienreihe scheint sich eine Vermutung des Forscherteams immer wieder zu bestätigen: Der Alltag zählt. Es ist der alltägliche Umgang miteinander, der darüber bestimmt, wie glücklich Menschen in ihrer Beziehung werden. Ist der Alltag nicht von Respekt und Zuneigung geprägt, werden weder teure Geschenke oder Luxusurlaube dabei helfen, die Partnerschaft dauerhaft glücklich zu erleben.

Das zeigt sich bereits bei den finanziellen Ausgaben für die Hochzeitsfeier: Forscher der Universität von Virginia stellten fest, dass Eheleute, die für ihre Hochzeit zwar auch Geld ausgegeben, aber vorrangig viele Gäste eingeladen hatten, länger und glücklicher miteinander verheiratet sind, als Paare, die lediglich eine überaus luxuriöse Feier veranstalteten, um diesen Tag zu begehen.

Die genseitige tiefe Überzeugung davon, dass der/die PartnerIn Zuneigung, Respekt und Liebe verdient, das Kennen-lernen-wollen der Welt des/der anderen sowie die Betonung und das Leben gleicher Ansichten, Werte und Ziele haben sehr wenig mit materiellen Dingen zu tun. Sie aber werden dafür sorgen, dass eine Partnerschaft das Fundament erhält, auf dem sie von beiden dauerhaft als glücklich erlebt werden kann.

 

Was aber lässt so viele Paare am Alltag scheitern? Der nächste Blog-Eintrag wird dies näher beleuchten.

 

 

Quellen:

Driver, J., Tabares, A., Shapiro, A., Nahm, E. Y., Gottman, J. (2003). Interactional patterns in marital success and failure: Gottman laboratory studies. In F. Walsh (Ed.) Normal family process: Growing diversity and complexity (3rd ed., pp. 493-513) New York: Guilford Press.

Francis‐Tan, A., & Mialon, H. M. (2015). “A diamond is forever” and other fairy tales: The relationship between wedding expenses and marriage duration. Economic Inquiry.

Frederick, D. A., & Fales, M. R. (2014). Upset over sexual versus emotional infidelity among gay, lesbian, bisexual, and heterosexual adults. Archives of sexual behavior, 1-17.

Wege zum Glück: Dr. Lermer im Interview mit der Apotheken-Umschau

Auch wenn intensive Glücksgefühle eher für den Moment als auf Dauer bestehen – wer mit sich selbst und anderen im Reinen ist, lebt glücklicher
Wenn im Mittelalter der Töpfer Krug und Deckel aus dem Brennofen zog und diese noch immer gut zusammen passten, dann nannte er dieses Gelingen ein „Gelükke“ – ein Glück. Diese Vorstellung vom „Gelingen“ steckt auch heute noch in unserem Glücksempfinden, meint Dr. Stephan Lermer, Psychotherapeut, Coach und Glücksforscher. „Es ist das Gefühl des gelungenen Lebens, das uns in einem glücklichen Moment bewusst wird.“ Das Gefühl, angekommen zu sein, den richtigen Platz im Leben gefunden zu haben – etwas zu tun, in dem wir ganz aufgehen und die Zeit vergessen können.
Diese Empfindung von Glück teilen nach Lermers Einschätzung die meisten Menschen. „Aber die Art und Weise, wie sie zu ihrem Glück kommen, ist doch sehr verschieden.“ Der eine will auf dem Berg alleine sein, der andere braucht Trubel. Der Nächste möchte Teil einer großen Familie sein, ein anderer in trauter Zweisamkeit oder auch mit Gleichgesinnten im Einsatz für eine „große Sache“.

 

Den eigenen Weg definieren
Deshalb ist für Stephan Lermer die erste Stufe auf dem Weg zum Glück die der Selbsterkenntnis, denn: „Es gibt nicht den einen Weg zum Glück, aber es gibt Ihren Weg zum Glück. Je besser Sie wissen, was Sie wirklich wollen, was Ihnen Freude macht und was Kummer, desto besser können Sie auch danach leben.“ Wer sich beispielsweise mit Freude bewegt oder für eine Idee begeistert, bekommt dadurch einen Schub des „Glückshormons“ Endorphin – „aber nur, wenn sein Tun wirklich seinem inneren Willen entspricht und nicht, wenn er es sich ‚aus Vernunft‘ auferlegt hat.“

Das betont auch der Medizinsoziologe Michael Rosentreter, und rät: „Ergründen Sie für sich, was Ihnen zum guten Leben besonders wichtig ist. Gute Freunde? Die Familie? Eine Arbeit, die vor allem spannend und fordernd, gesellschaftlich sinnvoll, gut bezahlt oder eher einfach und schnell zu erledigen ist? Bildung? Wohlstand?“ Wer weiß, was er will, bekommt es deshalb zwar noch lange nicht gleich. Erst recht nicht, wenn er sich um seine materielle oder gesundheitliche Existenz sorgen muss. „Aber wer sich kennt und frei von existenziellen Nöten ist, kann seinen persönlichen Gestaltungsspielraum – dort, wo er ihn hat – besser nutzen.“

 

Dankbar sein
Eine weitere wichtige Quelle von Glücksgefühlen sieht Stephan Lermer in der Dankbarkeit. „Indem wir uns bewusst machen: Es hätte auch anders verlaufen, auch weniger gut ausgehen können, schätzen wir mehr, was wir tun und haben und sind glücklich darüber.“ Nicht zuletzt das kirchliche Erntedankfest ist Ausdruck dieser Freude. Religion und Spiritualität helfen im Übrigen vielen Menschen beim Glücklichsein, betont auch Michael Rosentreter. „Sie sehen nicht nur jedes tägliche kleine Glück als Gnade, sondern sehen auch in manch einem Unglück einen tieferen Sinn oder die Chance für etwas Positives.“

Maß halten
Das eigene Glück zu schätzen, dazu gehört Rosentreters Meinung nach auch die Kunst, das richtige Maß zu finden. „Ein Kind freut sich riesig, wenn Sie ihm ein Eis spendieren. Tun Sie dies aber täglich, empfindet es weniger Freude, weil es das Eis für selbstverständlich hält und weniger schätzt.“ Ähnlich verhält es sich mit den Relationen, in denen wir unsere Lebenssituation mit anderen vergleichen: Wer etwa in einer ausreichend großen Wohnung lebt und einer Arbeit nachgeht, die er mag und von der er gut lebt, kann sich wahrhaft glücklich schätzen. Ist derselbe Mensch aber umgeben von Nachbarn in großen Häusern, die von spannenden Jobs und tollen Reisen erzählen, fühlt er sich mit einem Mal weniger glücklich, auch wenn sich objektiv nichts an seiner Lage geändert hat. Auch hier empfiehlt Michael Rosentreter: „Schätzen Sie das Gute, das Ihnen widerfährt, und nehmen Sie sich Zeit, es zu genießen – ohne es daran zu bemessen, was andere tun und haben, und auch ohne davon auszugehen, dass es mehr werden muss.“

Neues denken, lernen, tun
Eingetretene Pfade verlassen, Neues denken, lernen und tun, Abwechslung ins eigene Leben bringen auch das setzt Glücksgefühle frei. Vor allem, wenn Sie dabei erfahren, dass Sie etwas bewirken, dass es auf Sie ankommt, erläutert Lermer. „Stellen Sie sich beispielsweise vor, Sie fragen zwei Arbeiter, die an einer Mondrakete bauen, was sie da machen. Der eine antwortet, er verlegt die Kabel. Der andere macht dasselbe, aber er antwortet strahlend: Wir fliegen auf den Mond! Wer denken Sie ist wohl glücklicher, sowohl bei der Arbeit als auch am Feierabend?“

Auf andere Menschen zugehen
Der Mensch ist ein soziales Wesen. „Mit anderen zusammen zu sein, von ihnen geschätzt zu werden, mit ihnen zu sprechen und zu lachen, das macht uns glücklich“, ist Stephan Lermer überzeugt. Apropos Lachen: „Forscher haben herausgefunden, dass Kinder Tag für Tag 40mal häufiger lachen als Erwachsene. Wir können von den Kindern also noch viel lernen, denn sie nutzen damit eine weitere Glücksquelle, die nichts kostet, aber sehr wirkungsvoll ist.“ Worin sich die Forschung ebenfalls einig ist: Ein effektives Mittel, glücklich zu werden, ist Glück zu verschenken. Denn dabei werden wir selbst glücklicher, resümiert Stephan Lermer. „Das können Sie direkt spüren, wenn jemand vor Ihren Augen Ihr Geschenk auspackt und sich so richtig freut darüber. Da geht Ihnen doch das Herz auf.“

Barbara Erbe / Apotheken Umschau, 22.07.2015