Inhalt vs. Beziehung

„Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt“ heißt das zweite berühmte ‚Axiom‘ des Kommunikationsforschers Paul Watzlawick.

Neben der inhaltlichen Aussage schwingt in vielen Äußerungen mit, was wir nebenbei noch ausdrücken wollen: „Da bist du ja endlich wieder“ heißt ja nicht nur: ‚Ich sehe dich, du bist also zurück. Aha.‘ Sondern es heißt vielmehr: ‚Du hast mir gefehlt, ich habe mir schon langsam Sorgen gemacht, schön, dass ich dich jetzt wieder in meiner Nähe habe, ich freue mich über deine Anwesenheit.‘

Dabei gilt: Die Beziehungsebene dominiert die Inhaltsebene.
Jede Kommunikation enthält eine Botschaft von A zu B, wobei ein Inhalt vermittelt wird. Nun findet Kommunikation ja stets zwischen Menschen statt, „die sich etwas zu sagen haben“. Sei es der Austausch zwischen Verkäufer und Kunde, zwischen Arzt und Patient, Lehrer und Schüler, zwischen Verliebten oder Kollegen. Stets ist die Beziehung der beiden zueinander bedeutender als der sachliche Inhalt des Übermittelten.

Man sollte sich stets vor Augen führen, dass der Inhaltsaspekt im Vergleich zum Beziehungsaspekt meist in den Hintergrund gerät (Ausnahmen sind rein technische Informationen, wie zum Beispiel zwischen Fluglotsen und Piloten). Wie oft jedoch wird übersehen, dass wir Menschen keine befehlsorientierten Roboter sind, sondern gefühlsgesteuerte Lebewesen, die vielfach ihr Selbstwertgefühl aus der aktuellen Kommunikationskultur beziehen.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Kommunikative Kompetenz. GABAL Verlag

„Man kann nicht nicht kommunizieren“

Die Aussage im Titel stammt vom berühmten Kommunikationsforscher Paul Watzlawick. Das ebenso berühmte Beispiel dazu:

Selbst die minimalste Kommunikation – auf der Parkbank sitzt ein toter Mensch – kommuniziert noch diese Botschaft: dass hier ein Toter auf der Parkbank sitzt (eine nicht beabsichtigte nicht verbale Kommunikation, die erhebliche Aufregung und Aufmerksamkeit erzeugen kann).

Aber auch bei weniger makabren Situationen gilt stets der Satz, dass es unmöglich ist, nicht zu kommunizieren. Wenn Sie schweigen ebenso wie wenn Sie sich entfernen, wenn Sie das Thema wechseln ebenso wie wenn Sie sich umdrehen (Ausnahme-Illusion: Als Kinder glauben wir noch tatsächlich daran, dass wenn wir uns selbst die Augen zuhalten, wir für alle anderen unsichtbar sind).

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan. Kommunikative Kompetenz. GABAL Verlag

Zauberwort „Wir“

Die Kommunikationsformen in der Partnerschaft sind ein entscheidender Faktor für Glück oder Unglück in der Beziehung. Besonders bei Konflikten zeigt die Wortwahl der Partner an, ob eine Lösung gefunden wird oder Dauerstreit vorprogrammiert ist.

Zentral ist dabei das Wörtchen ‚Wir‘ in allen seinen Formen. Forscher der University of California in Berkeley fanden heraus: Je öfter beide Partner in Konfliktsituationen ‚wir‘, ‚uns‘, ‚unser‘ benutzten, desto häufiger schafften sie es, ihre Konflikte schnell beizulegen. Zudem war das Stressniveau beider Partner, gemessen durch Selbstberichte und Hormonspiegel, bedeutend niedriger.

Das Forscherteam um Prof. Robert Levenson fand außerdem, dass Partner, die Ihre ‚Individualität‘ betonten (also häufig Wörter wie ‚Ich‘, ‚du‘, ‚mich‘ verwendeten), in ihrer Ehe oder Partnerschaft insgesamt unglücklicher waren.

Paare, die länger zusammen lebten, benutzten auch öfter Ausdrücke, die das Gemeinsame in der Beziehung betonen. Und sie waren im Durchschnitt auch glücklicher. Levenson und sein Kollege Benjamin Seidel vermuten, dass die gemeinsame Überwindung von Hindernissen und gemeinsam erlebtes Glück sowohl die Kommunikation, als auch das Wir-Gefühl verändern. Beide Faktoren wirken sich wiederum positiv auf die Beziehungsqualität aus.

Für kleine wie große Konflikte in der Beziehung ist die Botschaft eindeutig: Benutzen Sie wo es geht das Wort ‚Wir‘, beziehen Sie Ihren Partner mit ein und machen Sie ihm/ihr klar, dass Sie eine Einheit sind. Das schweißt zusammen!

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: UC Berkeley (2010). Couples who say ‚we‘ do better at resolving conflicts. ScienceDaily. Retrieved February 17, 2010

Kommunikation und Empathie

Vielen Leuten gehen Leute auf die Nerven, die Aussagesätze wie Fragen aussprechen? Allerdings zeigt eine neue Studie der University of Southern California: Die Fähigkeit, während des Sprechens die Intonation zu variieren ist ein Zeichen von großem Einfühlungsvermögen?

Ein Experiment der Forscherin (mit dem wohlklingenden Namen) Lisa Aziz-Zadeh zeigt einmal mehr, dass bei der Kommunikation oft genug der Ton die Musik macht. Versuchsteilnehmer, die in solchen Hirnarealen verstärkte Aktivität zeigten, die für die Prosodie (sprich: die Sprachmelodie) zuständig sind, schnitten auch besser in einem Test zu Empathie und sozialem Verständnis ab.

Logisch, denn über die Sprachmelodie wird, genau wie über die nonverbalen Kommunikationskanäle, nicht so sehr der Inhalt einer Botschaft übermittelt, sondern vielmehr der emotionale Gehalt unserer Äußerungen. Und der ist eigentlich in den meisten Situationen viel wichtiger für unsere Kommunikationspartner.

Derzeit erforscht Aziz-Zadeh Möglichkeiten, soziales Verständnis über Sprache zu trainieren.

gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Lisa Aziz-Zadeh, Tong Sheng, Anahita Gheytanchi (2010). Common Premotor Regions for the Perception and Production of Prosody and Correlations with Empathy and Prosodic Ability. PLoS ONE, 2010; 5 (1)

Zusammen in Perfektion – Der Michelangelo-Effekt

Ist das wirklich Thomas? Dieser treuherzige, aber so oft missmutige und zynische Mensch, dem ich täglich in der Cafeteria begegne? Seit einiger Zeit sieht er den anderen in die Augen, er wirkt richtig freundlich, sein Humor ist sogar sehr gut, irgendwie nicht verletzend und optimistisch. Seit er mit Sarah zusammen ist. Die übrigens in letzter Zeit sehr viel ruhiger ist. Nicht mehr so unangenehm ausgeflippt. Hm, gibt es da einen Zusammenhang?

Möglicherweise. In einem Gedankenexperiment könnte man sich Sarah und Thomas als Bildhauer vorstellen, die langsam, aber stetig einen Marmorblock bearbeiten, bis die wunderschöne Skulptur zum Vorschein kommt, die tief dort drin schlummert. Ein kürzlich veröffentlichter Artikel über das ‚Michelangelo-Phänomen‘ gibt vielen Menschen wieder Anlass zur Hoffnung, ihren Partner doch noch ein Stück weit zum Besten verändern zu können: Wenn beide Partner nämlich das Idealbild vom jeweils anderen fördern, dann entwickeln sich nicht nur die beteiligten Menschen selbst, sondern auch das, was beide verbindet: Partnerschaft und Liebe. Die ‚Bildhauerei‘ passiert dabei weitgehend unbewusst.

Allerdings hat nicht jeder Mensch das gleiche Talent zur Bildhauerei. Voraussetzung ist, dass man sich in den Partner einfühlen kann und erfolgreich seine Träume und Wünsche, eben das Ideal-Selbstbild, das er/sie von sich hat, erkennt. Um dann im zweiten Schritt ihn/sie langsam hinsichtlich seiner/ihrer Wünsche zu fördern. Wie gesagt: Die Förderung muss gar nicht bewusst passieren. Hauptsache, man kennt und akzeptiert das Ideal-Selbstbild des Partners. Hat man sich mit diesem angefreundet, fördert man es oft ‚wie von selbst‘.

Und auch nicht jeder ‚Marmorblock‘ eignet sich gleich gut zur Bildhauerei. Es ist selbstverständlich schwierig, die Träume eines Partners fördern zu wollen, der relativ verschlossen ist und nur selten über die Dinge spricht, die er erreichen oder verbessern will. So paradox das klingen mag: Hier sind oft genau die Zeiten hilfreich, wenn es dem schweigsamen Partner sichtlich schlecht geht. Auch wenn Sie auf die Frage ‚Was ist denn los mit dir‘ mit großer Wahrscheinlichkeit zunächst so etwas zurück bekommen wie: ‚Garnichts. Was soll schon sein?‘ Geben Sie nicht zu früh auf. Fragen Sie zum Beispiel: ‚Wenn du jetzt irgendetwas an deinem Leben ändern könntest, was würde das sein?‘ oder: ‚Was kann ICH tun, damit du nicht mehr so unglücklich rumsitzt? Und was kannst DU tun?‘

Die einzige Voraussetzung, die der Michelangelo-Effekt zur Entfaltung braucht ist also eine gelungene Kommunikation. Der Rest geschieht fast von selbst.


gepostet i.A. von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Northwestern University / Eurekalert. The Michelangelo Phenomenon. Current Directions in Psychological Science, December 2009

Wie Sie sich selbst kommunikativ positiv beeinflussen können

Sie können sich durch einige kommunikative Strategien selbst positiv beeinflussen. Kommunikative Selbstkompetenz ist aktives Selbstmanagement.

Bitte lächeln
Gelegentliches Lächeln hilft Ihnen, die eigene Stimmung zu heben. Das Unterbewusstsein kennt weder Zeit (vorher/nachher) noch Kausalität (Gibt es eigentlich einen realen Grund zum Lächeln?). Somit ist es Ihrem Unterbewusstsein schlichtweg egal, ob Sie grundlos oder begründet lächeln. Aber: Wenn Sie lächeln, erzeugt Ihr Unterbewusstsein gerade die Gefühle des Wohlbefindens, die ansonsten mit Lächeln gekrönt werden.

Affirmationen
„Mir geht es von Tag zu Tag besser“, empfahl der Apotheker Emil Cue einst seinen kranken Kunden als morgendliche Affirmation. Es wirkte. Und wurde zur Grundlage des später von I.H. Schulz entwickelten autogenen Trainings, das heute noch zur Entspannung eingesetzt wird. Der Ton macht die Musik. Ihre Haltung beeinflusst Ihre innere Haltung. Und wenn Sie gerade keine förderlichen Außenreize haben, denken Sie sich erfolgsorientiert. Formelhafte Vorsatzbildung heißt diese Technik auch. Dabei kreieren Sie sich einen positiv formulierten Ein- oder Zweizeiler, den Sie sich im entspannten Zustand wie ein Mantra immer wieder selbst vorsagen. Zu den Erfolgsregeln gehört, dass Sie keine Verneinung (kein ’nein‘, kein ’nicht‘) verwenden.

Nicken
Wie finden Sie die Idee, morgen nach dem Abendessen einen Spaziergang zu machen? Wenn Sie beim Lesen dieses Vorschlags nicken, werden Sie davon eher überzeugt sein, als wenn Sie nicht nicken oder gar den Kopf schütteln. In einer Untersuchung in Ohio fand man 2003 heraus, dass Nicken eine Art nichtsprachliche Kommunikation mit sich selbst darstellt, womit man sich vom Gehörten oder Gelesenen stärker überzeugt. Umso überzeugender kann man dies dann anderen vermitteln.

gepostet i.A von Dr. Stephan Lermer
Quelle: Lermer, Stephan (2005). Kommunikative Kompetenz. Gabal Verlag